Christliche Patientenvorsorge

durch Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Behandlungswünsche und Patientenverfügung (Gemeinsame Texte 20/2011) DIE AKTUALISIERTE VERSION 2018 FINDEN SIE UNTER www.ekd.de/cpv

3.2 Bestimmungen für Ihre medizinische Behandlung

Wenn Sie konkret regeln wollen, was im Fall Ihrer Entscheidungsunfähigkeit im Einzelnen medizinisch getan werden soll, können Sie Behandlungswünsche niederlegen und/oder eine Patientenverfügung ausfüllen.

Sie können auch Ihre Vorsorgevollmacht und oder Betreuungsverfügung um Behandlungswünsche und/oder eine Patientenverfügung ergänzen. Ihr Bevollmächtigter oder Betreuer hat dann Ihre Patientenverfügung bzw. Ihre Wünsche gegenüber Ärzten und Pflegepersonal geltend zu machen und durchzusetzen.

Behandlungswünsche und Patientenverfügung unterscheiden sich darin, inwieweit Sie Ihrem Bevollmächtigtem oder Betreuer Handlungsspielraum einräumen wollen. Behandlungswünsche sind eine Richtschnur für die Entscheidung Ihres Bevollmächtigten oder Betreuers über Ihre Behandlung in der konkreten Situation. Demgegenüber treffen Sie mit einer Patientenverfügung bereits selbst die Entscheidung über Ihre künftige Behandlung.

3.2.1 Die Behandlungswünsche

Was sind Behandlungswünsche?

Sie können konkrete Behandlungswünsche über Art, Umfang und Dauer sowie die Umstände Ihrer Behandlung äußern. Diese Behandlungswünsche sind verbindliche Vorgabe für Ihren Bevollmächtigten oder Betreuer. Er hat diese Wünsche in den Behandlungsprozess einzubringen und auf dieser Grundlage ärztlichen Maßnahmen zuzustimmen oder diese abzulehnen. Je konkreter Sie Ihre Behandlungswünsche formulieren, desto enger sind die Vorgaben für Ihren Bevollmächtigen oder Betreuer.

Behandlungswünsche können Sie in jeder Form zum Ausdruck bringen.

3.2.2 Die Patientenverfügung

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Erklärung einer einwilligungsfähigen volljährigen Person für den Fall einer späteren Einwilligungsunfähigkeit. Sie ist eine vorweggenommene Entscheidung über die Vornahme oder Nichtvornahme bestimmter Untersuchungen, Heilbehandlungen und ärztlicher Eingriffe, die noch nicht unmittelbar bevorstehen. Sie soll sicherstellen, dass das Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch dann beachtet wird, wenn er einwilligungsunfähig geworden ist.

Ist eine Patientenverfügung rechtlich verbindlich?

Die schriftliche Patientenverfügung verpflichtet Ihren Arzt, die dort getroffenen Festlegungen zu beachten und Sie entsprechend zu behandeln oder nicht zu behandeln.

Dazu müssen die Festlegungen in der Patientenverfügung hinreichend konkret beschrieben sein; hier ist eine sachkundige Beratung bei einem Arzt gewiss sinnvoll und kann helfen, das notwendige Maß an Bestimmtheit zu erreichen. Allgemeine Hinweise für eine künftige Behandlung genügen nicht den Anforderungen, die an eine Patientenverfügung gestellt werden, sind aber als Behandlungswünsche zu berücksichtigen.

Handeln Ärzte der Patientenverfügung zuwider und missachten Ihren Willen, so kann dies als Körperverletzung strafbar sein. Voraussetzung ist, dass die in der Patientenverfügung konkret beschriebene Krankheitssituation mit der tatsächlichen Lebens- und Behandlungssituation übereinstimmt. Sofern ein Bevollmächtigter oder Betreuer benannt wurde, ist er verpflichtet, die Patientenverfügung zu prüfen, Ihren Willen im Blick auf die Behandlung festzustellen und diesem Geltung zu verschaffen.

3.2.3 Zur Gültigkeit von Behandlungswünschen und Patientenverfügung

Behandlungswünsche und Patientenverfügung gelten solange, bis Sie diese widerrufen oder abändern. Der Widerruf kann in jeder Form erfolgen. Es kann auch genügen, sich mit Zeichen verständlich zu machen. Erforderlich ist allerdings, dass Ihre Willensänderung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt.

Es gibt keine rechtlichen Bestimmungen, dass Behandlungswünsche und Patientenverfügungen in regelmäßigen Zeitabständen erneuert werden müssen. Wir empfehlen Ihnen jedoch aus praktischen Gründen, Ihre Verfügungen alle zwei bis drei Jahre durch eine weitere Unterschrift zu bestätigen oder zu erneuern. Zum einen können Sie so in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob die einmal getroffenen Festlegungen noch immer Ihrer Auffassung entsprechen. Zum anderen bestätigen Sie denjenigen, die Ihrem Willen Geltung verschaffen sollen, dass Ihre Entscheidungen weiterhin Bestand haben.

3.2.4 » Raum für ergänzende Verfügungen«

Im Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE finden Sie im Teil B I. 4. ein Feld »Raum für ergänzende Verfügungen«. Hier besteht für Sie die Möglichkeit, weitere Wünsche zu formulieren.

Die Absicht, den »Raum für ergänzende Verfügungen« zu nutzen, kann unterschiedliche Motive haben. Ein Formular kann immer nur typische Situationen benennen und muss daneben Raum für individuelle Bestimmungen lassen. Sie können beispielsweise eine Verfügung ergänzend hinzunehmen,

  • wenn Sie an einer besonderen Erkrankung leiden und dafür bestimmte Behandlungswünsche haben;
  • wenn Sie die Anwendung bestimmter Behandlungsformen nur für eine begrenzte Zeit zulassen wollen;
  • wenn Sie Ihre Behandlungswünsche und Patientenverfügung auf andere als die im Formular aufgeführten Situationen erstrecken wollen.

Solche Ergänzungen können auch auf einem gesonderten Blatt erfolgen und sollten dann mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein. Bitte berücksichtigen Sie, dass ergänzende Verfügungen möglichst konkret gehalten sein müssen, damit sie umsetzbar sind. Ebenso wie die Bundesärztekammer raten wir Ihnen in diesen Fällen dazu, einen Arzt Ihres Vertrauens hinzuzuziehen und – wenn möglich – mit ihm Ihre Ergänzung gemeinsam zu formulieren, um Widersprüche zwischen einzelnen Formulierungen zu vermeiden und die notwendige Genauigkeit zu erreichen.

Von besonderer Bedeutung ist der »Raum für ergänzende Verfügungen« in der Frage des so genannten Wachkomas. Bei Wachkoma-Patienten handelt es sich um Menschen, deren leib-seelisch-geistige Verfassung durch eine schwere Hirnschädigung in unterschiedlichen Graden stark beeinträchtigt ist. Der so genannte »vegetative Status«, der Wachkoma-Patienten zugeschrieben wird, darf nicht von vornherein als statisch unveränderbar verstanden werden. Bei Wachkoma-Patienten kann die Fähigkeit zu Empfindungen und einer nicht-sprachlichen Kommunikation erhalten sein; ein Aufwachen aus diesem Zustand ist nicht ganz sicher auszuschließen, aber je nach Ursache, Verlauf und Dauer unwahrscheinlich. Wachkoma-Patienten bleiben nach wie vor auf Kontakt eingestellt und bedürfen der Einbeziehung in zwischenmenschliche Bezüge, z.B. durch körperliche Zuwendung. Dies gilt auch dann, wenn sich das »Wachkoma« in seinem Verlauf zunehmend als nicht umkehrbar erweist.

Es gibt, auch unter Christen, zwei sehr unterschiedlich akzentuierte Erfahrungen im Umgang mit Wachkoma-Patienten:

  1. Auf der einen Seite stehen eindrucksvolle Beispiele dafür, wie Angehörige und/oder Freunde über viele Jahre eine Person, die sich im so genannten Wachkoma befindet, begleitet und betreut haben. Vor dem Hintergrund einer solchen Erfahrung können Menschen ein lebhaftes Interesse daran haben, im »Raum für ergänzende Verfügungen« mit Nachdruck festzuhalten, dass für den Fall des so genannten Wachkomas im Blick auf die Behandlung nichts anderes gilt als für jeden anderen Patienten. Erst wenn bei Wachkoma-Patienten eine Situation gegeben ist, in der der Tod in absehbarer Zeit eintritt bzw. eine akute Zweiterkrankung hinzukommt, ist eine Änderung des Therapieziels angebracht, so dass an die Stelle von Lebensverlängerung und Lebenserhaltung Beschwerden lindernde (palliativ-medizinische) und pflegerische Maßnahmen treten. Es handelt sich hierbei nicht um eine aktive Herbeiführung des Todes, sondern um ein Zulassen des Todes in dem Sinne, dass dem Tod nichts mehr entgegengesetzt und auf »außergewöhnliche Mittel« verzichtet wird. Eine Basisbetreuung ist selbstverständlich aufrecht zu erhalten. Sollten Sie dies verfügen wollen, bieten wir Ihnen hier einen Textbaustein, den Sie so in das Feld »Raum für ergänzende Verfügungen« übernehmen können:
    Die unter 1. getroffenen Verfügungen sollen über die dort genannten Situationen hinaus entsprechend auch gelten, wenn infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen und Entscheidungen zu treffen, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist und eine akute Zweiterkrankung hinzukommt, an der ich sterben könnte. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z.B. durch Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung z.B. nach Wiederbelebung, Schock oder Lungenversagen.
  2. Auf der anderen Seite steht die Erfahrung, dass in der Begleitung von Wachkoma-Patienten über ein Jahr, ja viele Jahre hinweg die Frage auftaucht, ob es mit dem christlichen Glauben nicht durchaus vereinbar ist, durch Behandlungsbeschränkung und/oder durch die Beendigung künstlicher Ernährung bei Beibehaltung des Stillens von Hunger- und Durstgefühlen das Sterben zuzulassen. Sollten Sie dies verfügen wollen, bieten wir Ihnen hier einen Textbaustein, den Sie so in das Feld »Raum für ergänzende Verfügungen« übernehmen können:
    Die unter 1. getroffenen Verfügungen sollen über die dort genannten Situationen hinaus entsprechend auch gelten, wenn infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen und Entscheidungen zu treffen, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist und dieser Zustand seit einem Zeitraum von ……… (z.B. einem Jahr) besteht oder eine akute Zweiterkrankung hinzukommt, an der ich sterben könnte. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z.B. durch Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung z.B. nach Wiederbelebung, Schock oder Lungenversagen.

Die katholische Kirche stellt fest, dass aus ihrer Sicht die erste Alternative dringend angeraten ist.

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