Nachhaltig durch das Kirchenjahr

Materialien für Andachten und Gottesdienste zu den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030

Erntedank – Nachhaltigkeitsziel 2

Gottesdienst zum Thema: Erntedank

Gottesdienstentwurf mit Predigt zu 
Jesaja 58,7-12

Orgel
Begrüßung
Lied 
Wir pflügen und wir streuen, EG 508
Votum und Gruß
Psalm 104 im Wechsel
Liturgie nach Ordnung der Gemeinde

Gebet des Tages:
Wir feiern Erntedankfest und danken dir, Gott,
für alles, was du uns schenkst.
Für das Brot, das wir essen,
für Wohnung und Kleidung,
für Arbeit und Ausbildung,
für Freude und Freundschaft,
für die Menschen, die uns vertraut sind.
Hilf uns, Gott, dass wir die nicht vergessen, denen es nicht gut geht,
die nicht genug zu essen und zu trinken haben,
die arm sind, ohne Arbeit und Ausbildung.
Und hilf uns, deine Schöpfung zu bewahren,
für die Generationen nach uns, für alle Lebewesen. Amen.

Lesung 
Lk 12,13-21
Glaubensbekenntnis

Lied 
Ich singe dir mit Herz und Mund, EG 324
Predigt zu Jesaja 58,7-12

Da ist Gott, da entzieht Gott sich nicht, da antwortet er auf unser Rufen, da werden unsere Herzen weit und Gottes Geist strahlt aus in unsere Welt.

Wichtig ist, dass die Reihenfolge stimmt! Nicht wir sorgen durch gute Taten dafür, dass Gott da ist. Nein, erzählt uns schon Jesaja: Wer sich seinen Geschwistern zuwendet, weil er meint, damit Gott herbei zu beschwören, der irrt sich. Nein, wenn ihr schön fromm seid, um Gott zu gefallen, wenn ihr Gutes tut, damit es euch im Himmel angerechnet wird, das ist nichts, was Gott gefällt. Seid menschlich um eurer Mitmenschen willen, nicht um euch etwas zu verdienen!

Denkt an das Gleichnis vom Weltgericht, das Jesus erzählt. Auch da ist ja gerade das Spannende, dass die, die Jesus so viel Gutes getan haben, es gar nicht wussten, weil sie es ihren Geschwistern getan haben, ohne Hintergedanke, ohne damit etwas für sich erreichen zu wollen. Und die, die nicht Einlass im Himmelreich finden, die haben ihren Geschwistern nicht beigestanden, weil sie in ihnen nicht Jesus gesehen haben. Hätten wir dich, Jesus, erkannt, wir hätten dich gekleidet, besucht, dir zu essen gegeben, dich aufgenommen. Warum hast du dich nicht zu erkennen gegeben, Jesus?

„Siehe, hier bin ich!“ Was werden wir sagen, wenn wir vor Christus stehen?

Habe ich getan, was vor Gott recht ist? Kann ich mit gutem Grund darauf hoffen, dass Gott sich naht?

In der ersten der 95 Thesen hebt Luther hervor, wie wichtig die tägliche Umkehr ist. Ich bin gefragt und kann mich nicht hinter Vorschriften oder dem, was die anderen tun, verstecken. Umkehr tut Not: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!“

Die Menschlichkeit einer Gesellschaft entscheidet sich daran, wie menschenwürdig die in ihr leben, die es schwer haben – aus welchem Grund auch immer. Gott lässt sich finden, wenn die Schere zwischen arm und reich zusammengeht. Wenn wir dafür etwas tun, wenn wir diejenigen an unser Herz heranlassen, die noch nicht oder nicht mehr für sich selber sorgen können.

Politisch ist das alles kompliziert. Gerade auch in der Landwirtschaft. Zwischen EU und Deutschland, zwischen Agrarindustrie und Bio-Landwirtschaft. Viele suchen ihren Weg, der es ermöglicht, von der Landwirtschaft zu leben, und doch nachhaltig ist und auch die nicht aus den Augen verliert, die weit weg sind – und trotzdem Konkurrenten. Gerade an dieser Stelle ist Erntedank für unsere ganze Gesellschaft wichtig, denn dieses Fest macht deutlich: Es kann nicht nur um möglichst hohe Erträge gehen. An der Landwirtschaft, aber auch an anderen mittelständischen Unternehmen, an Handwerks- und Industriebetrieben sehen wir, wie wichtig es ist, nachhaltig zu denken und zu handeln und immer auch die kommenden Generationen im Blick zu haben. Wenn es nur noch ums Geld oder um die Rendite geht, dann sind die Kultur und der Lebensraum gefährdet, in den Ländern des globalen Südens, aber auch bei uns. Soziale Errungenschaften spielen dann keine Rolle mehr, die Gemeinschaft des Ortes, kulturelle Eigenarten verschwinden.

In den Dörfern gibt es dann keine Schulen und keinen Kindergarten, keinen Bürgermeister mehr, keine Post, keinen Laden, manchmal nicht einmal mehr eine Kneipe – und wie wird es mit der Kirche weitergehen?
Dann verarmen wir, vielleicht nicht finanziell, aber in unserem Miteinander und in unseren Herzen. Brich dem Hungrigen dein Brot! Das war bei Jesaja ein Aufruf zur Umkehr und ist es seitdem geblieben.

Dabei geht es nicht darum, auf „die da“ zu zeigen, die das alles falsch und kaputt machen. Eher entdecke ich, dass wir Gefangene einer Ordnung sind, die uns manchmal oder sogar oft gefällt, aber unter der wir eben auch leiden. Ich gehe ja gerne einkaufen und konsumieren. Ich vertraue auf das Geld. „Das ist ja auch der allergewöhnlichste Abgott auf Erden“, schreibt Martin Luther. „Wer Geld und Gut hat, der weiß sich in Sicherheit und ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und umgekehrt, wer keins hat, der zweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott. Man wird ja ganz wenig Leute finden, die guten Muts sind und weder trauern noch klagen, wenn sie den Mammon nicht haben; das klebt und hängt der menschlichen Natur an bis ins Grab.“

Da bleibt Jesaja ein Stachel im Fleisch, der uns helfen will, unser Herz zu öffnen. „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird Gott sagen: Siehe, hier bin ich.“

Jesaja schaut zurück und ruft zur Umkehr, aber er feiert auch. Er stellt uns vor Augen, wie die Kinder Gottes in einer herrlichen Ernteprozession aufbrechen aus dieser Gefangenschaft des Geldes in die Freiheit der Kinder Gottes: „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.“

Das ist die große Prozession der Befreiung! Dass wir hineinfinden in Gottes Gemeinschaft, in den Leib Christi. Ja, da wird gearbeitet, um des Nächsten willen, aber entscheidend ist nicht, was wir sammeln und besitzen; da liegt kein Ring der Angst mehr um unser Herz, dass wir nicht genug zum Leben haben.

Wir vertrauen auf Gott; im Leib Christi ist die Fülle des Lebens! Die Liebe wird mehr, wenn wir sie teilen. Sie lässt sich nicht horten wie das Geld. Sie erfüllt mich und lässt mich aufstrahlen wie das Licht der Morgenröte. Da lerne ich teilen, ohne Angst, selbst etwas zu verlieren. Da tue ich mutige Schritte für meine Mitmenschen, nicht allein, sondern in der Gemeinschaft der Glaubenden und im Vertrauen auf Gott.

„Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Amen.“

Lied 

Brich mit dem Hungrigen dein Brot, EG 420
Fürbitte:
Gott, du bist die Quelle des Lebens,
du schenkst uns Nahrung, Kleidung,
ein Dach über dem Kopf,
Menschen, die sich um uns sorgen.
Dafür danken wir dir.
Wir bitten dich für die Menschen,
die sich nicht freuen können,
weil sie Hunger haben,
weil sie ohne Arbeit sind,
weil sie unter Gewalt, Krieg oder Unrecht leiden,
weil sie keinen haben, der sich um sie sorgt.
Hilf uns, die Not der Menschen in der Welt wahrzunehmen,
ohne darüber zynisch zu werden oder abzustumpfen.
Lehre uns teilen, damit die Hoffnungslosen wieder Mut bekommen.
Gott, wir bitten dich für die Menschen in unserem Ort,
für die Kinder, die Jugendlichen und die Erwachsenen.
Wir denken an die Kranken, die Traurigen, die Einsamen.
Tröste du sie, gib ihnen neuen Lebensmut und hilf uns, ihnen beizustehen.
In der Stille nennen wir die Namen derjenigen, an die wir denken:
...
Gott, erhöre unsere Bitten, dein ist der Ruhm und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Vaterunser
Lied 
Segne Vater, Herz und Hand; Zwischen Himmel und Erde, Nr. 360
Segen
Orgel
Quelle: Kirche im ländlichen Raum, Jahrgang 2017, S. 22 ff., Hg. vom EDL, Altenkirchen


Autor
Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden.

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