Nachhaltig durch das Kirchenjahr

Materialien für Andachten und Gottesdienste zu den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030

Weltkindertag 1.6. – Nachhaltigkeitsziel 4

Gottesdienst mit Kindern zum Thema: Kinderrechte

Gottesdienstentwurf

Das Diakoniezentrum Tandala im Süden Tansanias bringt im Rahmen seines Schulprogramms Waisenkinder und Kinder mit Behinderungen mit dem Jeep bis in 800 Kilometer entfernte Schulen und holt sie in den Ferien wieder nach Hause. Die Angehörigen, die die Entfernung von ihren Kindern nicht gewohnt sind, werden seelsorglich begleitet. Erwachsene mit Behinderungen erwerben in Handwerkskursen berufliche Fähigkeiten (zum Beispiel nähen, Körbe flechten, Stoffe färben, tischlern), mit denen sie in ihren Dörfern etwas Geld verdienen können. Elikana Kitahenge, Sedekia Luvanda und Faraja Mlelwa, Mitarbeitende des Diakoniezentrums, berichten, wie es Menschen mit Behinderung geht: „In vielen Familien in Tansania wird Behinderung als Strafe Gottes angesehen, deshalb verstecken Familien ihr behindertes Kind, fördern es nicht und grenzen es so aus. Wer sein Kind fördern will, kann sich die weit entfernten Internate oft kaum leisten. Gegen das ökonomische Problem helfen Spenden aus Europa.“

Das religiöse Problem des Gottes- und Menschenbildes überwinden die Mitarbeitenden von 

Tandala mit Hilfe der guten Nachricht: „Jeder Mensch ist von Gott geliebt und ist Gottes Ebenbild. Gott hat allen Menschen die Möglichkeit gegeben, aus ihren Begabungen zu schöpfen, kreativ zu sein, sich fördern zu lassen, entsprechende Bildung zu erhalten.“ Die Arbeit zeigt Wirkung: Immer mehr Familien brechen die Tabus und lassen ihre Kinder in Internatsschulen gehen.

Gottesdienst mit jüngeren Kindern (5-10 Jahre) zu Mk 10, 13-16
Material: Bausteine, Tücher, Spielfiguren. Gut sichtbar ist mit Tüchern und Bausteinen eine Landschaft mit einer Stadt (Häuser, Stadtmauer, Tor) aufgebaut.

Votum
Wir sind zusammen im Namen Gottes, der uns Leben schenkt, im Namen Jesu, der ein Freund der Menschen ist, und im Namen des Heiligen Geistes, der uns durch das Leben begleitet. Amen.

Lied 
Guter Gott, Dankeschön; 
Das Kindergesangbuch, Nr. 5, Strophe 1

Eingangsgebet 
Danke, Gott, für diesen Morgen. Ob mit Freuden oder Sorgen, ist er ein Stückchen von dem Leben, das du uns als Geschenk gegeben. Gib auch heute deinen Segen, begleite uns auf allen Wegen. 

Einführung

Austausch über den Satz „Das ist nichts für Kinder!“ oder „Dafür bist du noch zu klein!“

Woher kennen die Kinder diesen Satz? 

Welche Gefühle löst er aus? 

Was machen sie, wenn sie diesen Satz hören? 

Gibt es diesen Satz auch hier (in der Gruppe, in der Kita, …)?

Auslegung und Vertiefung
Jesus ist unterwegs mit seinen Jüngern. Heute sind sie in dieser Stadt. Schon früh am Tag sind viele Menschen gekommen. Sie wollen hören, was Jesus sagt. Dicht gedrängt stehen die Leute. Jeder will Jesus sehen. Jeder will hören, was er sagt. Die Leute stehen ganz eng – wie eine Mauer.
Jesus, Jünger und weitere Figuren hinstellen – so, dass sie eine Art Mauer um Jesus bilden.
Da sind auch Kinder. Sie spielen auf den Straßen Fangen und Verstecken. Einige haben Murmeln dabei. Andere erzählen sich Geschichten.
Kinderfiguren dazustellen.
Schnell spricht sich herum, dass Jesus in der Stadt ist. Einer erzählt’s dem anderen: „Jesus ist in der Stadt.“
Eventuell eine Runde „Stille Post“ mit dem Satz „Jesus ist in der Stadt“. Das letzte Kind sagt den Satz laut.
„Jesus ist in der Stadt!“ – Das hören auch die Mütter. Schnell laufen sie los. Sie rufen nach ihren Kindern: „Schnell, kommt her.“ Sie bringen ihre Kinder dorthin, wo Jesus ist. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder Jesus sehen und hören können. Sie wünschen sich, dass Jesus ihren Kindern nahekommt und sie segnet.
Mütter und Kinder laufen zu Jesus, bleiben aber vor der „Mauer“ der anderen Leute stehen. Jesu Jünger sehen, dass da Mütter und Kinder kommen. Die Kinder versuchen, einen Weg zu Jesus zu finden. Die Mütter bitten: „Lasst uns durch.“ Die Jünger sagen: „Nein!“ und „Ihr seid viel zu klein!“ und „Das hier ist nichts für euch!“.
Einige Jüngerfiguren zwischen Kinder und Mütter und die Menschenmenge stellen.
Es wird unruhig. Leute schauen sich um. Was ist bloß los? Wer stört hier?
Jesus ruft: „Halt! Hört auf! Lasst die Kinder zu mir kommen! Nichts und niemand soll sie daran hindern.“
Die Figuren so umstellen, dass die Mauer der Leute sich öffnet und eine Art Gasse entsteht, durch die die Kinderfiguren zu Jesus gehen.
Endlich stehen die Kinder vor Jesus. Er öffnet die Arme für sie und segnet jedes einzelne von ihnen.
Es wird still. Die Jünger haben aufgehört zu schimpfen. Mütter schauen froh zu ihren Kindern. Die Leute staunen.
Jesus sagt: „Seht die Kinder! Gottes neue Welt steht ihnen offen. Ihr Vertrauen soll euch ein Beispiel sein.“
Im Gespräch kann vertieft werden, wo Kinder unsichtbare Mauern und Ausgrenzung erleben und was es braucht, damit alle teilhaben können.

Lied 
Kindermutmachlied, 
Das Kindergesangbuch Nr. 150

Gebet
Gott, manchmal fühlen wir uns wie vor einer 
großen Mauer.
Wir kommen nicht weiter.
Manchmal fühlen wir uns wie vor einer verschlossenen Tür.
Niemand öffnet sie für uns.
Deine Kraft kann Mauern einreißen.
Deine Liebe kann Türen öffnen.
Das wollen wir spüren und erleben.
Amen.

Segen
Heute und morgen -  rechte Hand, linke Hand nacheinander öffnen
sind wir bei dir geborgen.  -  Arme ineinander legen, wiegen
Geh du mit uns durch den Tag,  -  auf der Stelle gehen
segne, was er bringen mag. -  Hände nach vorn und oben öffnen,
abschließend zur Brust.
Amen.
Sandra Fröhling


Gedanken für eine Predigt in einem 

Gottesdienst mit älteren Schüler*innen (12-16 Jahre) zu Mk 10, 13-16 und Lk 19, 1-10

Beide Bibeltexte sollten im Gottesdienst zu hören sein, zum Beispiel als zwei Lesungen.

Und? Worin liegt das Problem, das Zachäus hat? Ist es wirklich, wie es scheint, seine geringe körperliche Größe? – Diese Fragen stellten mir Aktivist*innen der Dalit-Organisation CARDS in der südindischen Stadt Guntur. Dalits – das sind die von den Segnungen der indischen Gesellschaft ausgeschlossenen und ferngehaltenen, als „unberührbar“ bezeichneten Menschen. Die CARDS-Mitarbeiter*innen meinten: Kinder sind auch kleine Menschen. Wenn sie etwas nicht sehen können, dann heben ihre Eltern sie doch gewöhnlich hoch, tragen sie auf den Schultern, damit sie einen ungehinderten Blick haben und teilnehmen können.

Das Problem, das Zachäus hat, ist also nicht seine körperliche Statur. Sondern sein Problem ist, dass er ferngehalten, weggedrängt, marginalisiert wird. Zachäus wird behindert! Behinderung ist also nicht so sehr ein Status oder ein Kennzeichen einer Person an sich, sondern sie ist die Situation, in die ein Mensch gerät, in die er gedrückt wird – Behinderung ist das eine, und zwar das schlechtere Ende einer dynamischen Beziehung von Ohnmacht und Macht.

In dieser Perspektive erscheint auch die Rede von den sogenannten „Betroffenen“ in einem anderen Licht: Betroffen von einer Beziehung, die Menschen behindert, sind eben nicht nur die, die behindert werden, sondern auch diejenigen, die mit Macht andere an den Rand drängen, sie marginalisieren, sie fernhalten und nicht zum Zuge kommen lassen. „Betroffen“ sind also beide Seiten einer dynamischen Macht-Ohnmacht-Beziehung; diejenigen, die den Daumen drauf halten, können die Situation leichter ändern als die an den Rand Gedrängten. Aber vielleicht wollen sie das ja gar nicht?

Im „Kinderevangelium“ in Mk. 10, 13-16 wird diese Behinderung ganz plastisch sichtbar: Die Jünger*innen Jesu blockieren die Menschen, die ihre Kinder zu Jesus bringen. „Die Jünger aber fuhren sie an“, notiert die Bibel.

Ich kann es mir so richtig vorstellen: Da kommen Schüler*innen in eine Klasse, die das Eingeübte und Gewohnte durcheinanderbringen. Sie stören, sei es, weil sie einen anderen Bedarf haben als die, die bisher die Klassengemeinschaft bilden; sei es, weil sie die hergebrachte Lernkultur nicht kennen und schlichtweg mit hineingenommen werden müssen; oder sei es, dass man das ganze Klassenprogramm – von Klassenfahrt über Pausengestaltung bis hin zu den Unterrichtsformen und -Inhalten – völlig neu stricken muss. „Bleibt weg! Warum seid ihr denn jetzt hier? Und wenn ihr nun schon da seid, dann auf keinen Fall eine Extrawurst. Ordnet euch ein!“ Solche Worte liegen schnell auf der Zunge: Wir wollen uns nicht stören lassen, denn WIR haben JETZT etwas viel WICHTIGERES vor.

„Als aber Jesus das sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht.“

Es sind keine sichtbaren Mauern, die den Kindern den Zugang zu Jesus unmöglich machen; es ist auch nicht wie bei Zachäus eine wie auch immer zu bewertende Kooperation mit der römischen Besatzungsmacht, von der er als Zollpächter profitiert, sodass man ihn leicht als Ausbeuter darstellen kann. Es ist einfach der Unwille der Jünger*innen, die Bedürfnisse und den Bedarf der Kinder und ihrer Eltern wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Es sind unsichtbare Mauern. Im Kinderevangelium setzt Jesus ein deutliches Zeichen gegen diese unsichtbaren Mauern – in der Sprache der Inklusion: Jesus sorgt für den Abbau von Zugangsbarrieren und fordert und fördert uneingeschränkte Teilhabe. Er sagt und zeigt: „Alle sind willkommen!“

Nochmal zurück zu Zachäus: Als er merkt, dass und wie er behindert wird, wird er selber aktiv. Jesus sieht ihn und unterstützt ihn in seiner Aktivität: „Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ Den Behinderern gefällt das nicht: „Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt!“ Aber Jesus lässt sich nicht beirren, und als er am Ende die Verheißung laut werden lässt, dass „der Menschensohn gekommen ist, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist“, da sind dann – wie schön! – ausdrücklich auch die Behinderer eingeschlossen. Glaube ich.

Barrierefreiheit ist mehr als ein Fahrstuhl ins Obergeschoss. Inklusion beginnt in unserem Kopf.

Ravinder Salooja


Autorin/Autor
Sandra Fröhling, Religionspädagogin, Straubing.
Ravinder Salooja, Pfarrer und Bildungsmanager, Direktor des Evangelisch-Lutherischen Missionswerks Leipzig e. V.
Weitere Anregungen und Informationen sowie das Aktionsmaterial zur Adventsaktion „Türen auf!“ können vom Ev.-Luth. Missionswerk Leipzig bezogen werden: info@LMW-Mission.de

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