Nachhaltig durch das Kirchenjahr

Materialien für Andachten und Gottesdienste zu den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030

Ökumenische Friedensdekade – Nachhaltigkeitsziel 16

Gottesdienst zum Thema: Frieden und Gerechtigkeit

Gottesdienstentwurf mit einer Predigt zu Micha 4,5
gehalten in St. Johannis Hamburg-Harvestehude am 18.11.2018

Musik zum Eingang

Begrüßung
Ich begrüße Sie herzlich zu diesem Gottesdienst im Rahmen der Friedensdekade.
Angeregt ist dieser Gottesdienst heute durch das 16. der nachhaltigen Entwicklungsziele: „Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“

Votum
Und nun feiern wir 
im Namen Gottes,
der wie eine Mutter
und wie ein Vater
für uns sorgt, weil er uns liebt;
im Namen Jesu Christi,
der diese Liebe unter uns 
hat Gestalt werden lassen
durch den Tod hindurch;
in der Kraft des Heiligen Geistes,
die unserem Denken, Fühlen und Wollen
Lebendigkeit und Weisheit geben möge. Amen.

Lied 
Gott gab uns Atem, EG 432

Eine/r: O Gott, der alles Leben ins Sein rief,
Alle: die Erde, Meer und Himmel sind dein.
E:    Deine Gegenwart ist um uns,
A:    jedes Atom ist voll deiner Energie.
E:    Dein Geist belebt alle, die auf Erden gehen,
A:    mit ihr sehnen wir uns, dass Gerechtigkeit getan werde,
E:    dass die Schöpfung befreit werde von Fesseln,
A:    dass die Hungrigen gesättigt werden,
E:    dass Gefangene befreit werden,
A:    dass dein Reich des Friedens auf der Erde komme. 

Liedruf 
Kyrie Eleison

Psalm
E:    Kommt, ihr Söhne, ihr Töchter! Hört auf mich! Die Furcht Gottes will ich euch lehren.
A:    Wer sind die Menschen, die Lust am Leben haben, die die Tage lieben, um Gutes zu sehen?
E:    Bewahre deine Zunge vor Bösem, deine Lippen vor falschen Worten.
A:    Weiche dem Bösen aus und handle gut, suche Frieden und gehe ihm nach.
E:    Die Augen Gottes ruhen auf den Gerechten, ihre Ohren hören auf ihren Hilfeschrei.
A:    Das Angesicht Gottes blickt auf die, die Böses tun, um deren Gedenken von der Erde zu tilgen.
E:    Als sie schrien, hörte Gott und rettete sie aus all ihren Bedrängnissen.
A:    Nahe ist Gott denen, deren Herz gebrochen ist, deren Lebensmut zerschlagen ist, die befreit Gott.
E:    Groß ist das Unglück der Gerechten – aus all dem errettet sie Gott.
A:    Gott bewahrt alle ihre Knochen, keiner von ihnen wird zerbrochen werden.
E:    Die Böses tun, wird Bosheit töten, die die Gerechten hassen, laden Schuld auf sich.
A:    Gott setzt die Lebenskraft derer frei, die ihm dienen. Keine Schuld auf sich laden werden alle, die sich in ihm bergen.
Ps 34, 12-23, Bibel in gerechter Sprache

Liedruf 
Laudate omnes gentes oder: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr

Alttestamentliche Lesung 
Micha 5,1-4 (zugleich Predigttext)

Lied 
Selig seid ihr, EG 613

Evangeliumslesung 
Matthäus 25,31-46

Glaubensbekenntnis
Gemeinsam glauben wir an Gott, den Schöpfer des Lebens. Deswegen bekräftigen wir, dass jeder Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, und wir streben danach, gute Haushalterinnen und Haushalter der Schöpfung zu sein. Gott hat seine Vision eines Lebens in Fülle und Würde für alle Menschen offenbart, unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer oder sozialer Zugehörigkeit. 
Gemeinsam glauben wir an Jesus Christus, den Friede-Fürst. Daher bekräftigen wir, dass die Menschheit aus Gnade mit Gott versöhnt ist, und wir sind bestrebt, versöhnt miteinander zu leben. Das Leben und die Lehre, der Tod und die Auferstehung Jesu verweisen auf das Friedensreich Gottes. Jesu lebenslanges Engagement für Gerechtigkeit, das er in Demut und Gewaltlosigkeit vollzieht, endet am Kreuz, einem Instrument der Folter und des Todes. 
Mit Jesu Auferstehung bekräftigt Gott, dass eine solch unerschütterliche Liebe, ein solcher Gehorsam, ein solches Vertrauen zum Leben führen.
Gemeinsam glauben wir an den Heiligen Geist, der alles Leben gibt und unterhält. So erkennen wir die Gegenwart Gottes in allem Leben und streben danach, Leben zu schützen und zerbrochenes Leben zu heilen.
Aus der Erklärung über den Weg des gerechten Friedens, 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Busan 2013

Lied 
Lasset uns mit Jesus ziehen, EG 384, 1-3

Predigt
„Und sie werden sicher wohnen“ (Micha 5,3)

Liebe Gemeinde, ich bringe einige Bausteine mit, Gedanken, Themen zu der biblischen Verheißung „Und sie werden sicher wohnen“. Ich spreche auf dem Hintergrund meiner Erfahrung als Vorsitzende des europaweiten ökumenischen Netzes Church and Peace. Und als langjähriges Mitglied des Laurentiuskonvents, dessen Geschichte stark mit der von Church and Peace verknüpft ist.

Die Wurzeln von Church and Peace gehen auf die existenziellen Glaubensfragen von jungen Menschen in der Nachkriegszeit zurück. Fragen wie: 

Warum konnten die Christinnen und Christen, warum konnten die Kirchen die Gräuel der beiden Weltkriege nicht verhindern? 

Warum haben sie das Morden akzeptiert und sogar versucht, Kriege zu rechtfertigen? 

Sollten die Kirchen nicht spätestens jetzt in der Nachfolge Jesu den Weg der Gewaltlosigkeit leben?  

„Und sie werden sicher wohnen“ (Micha 5,3) – eine biblische Perspektive

Dieses Wort, diese biblische Verheißung, steht über diesem Gottesdienst: Eine prophetische Vision. Sei verweist auf den, der da kommen wird: Jesus Christus. „Und sie werden sicher wohnen – und das wird der Friede sein.“

Darauf hoffen die Menschen, danach sehnen sie sich: sicher zu wohnen, in Frieden zu wohnen. Die alttestamentlichen Texte sind durchzogen von dieser Sehnsucht. 

Sie drückt sich aus in den Zusagen Gottes an sein Volk in den Mosebüchern: 

„Und die Dreschzeit soll reichen bis zur Weinernte, und die Weinernte soll reichen bis zur Zeit der Saat. Und ihr sollt Brot die Fülle haben und sollt SICHER in eurem Lande WOHNEN.“ (3. Mose 26,5)

Die Menschen singen das Gotteslob in den Psalmen:

„Darum freut sich mein Herz, und meine Seele ist fröhlich; auch mein Leib wird SICHER WOHNEN.“ (Ps 16,9) 

Und in den prophetischen Büchern gibt es eine Fülle von Zusagen wie eben bei Micha oder auch Hosea: „An jenem Tage will ich einen Bund für sie schließen mit den Tieren auf dem Felde, mit den Vögeln unter dem Himmel und mit dem Gewürm des Erdbodens und will Bogen, Schwert und Rüstung im Lande zerbrechen und will sie SICHER WOHNEN lassen.“ (Hos 2,20) 

Aber es gibt nicht nur Hoffnung und Jubel, sondern auch klare Ansagen: 

„Darum tut nach meinen Satzungen und haltet meine Rechte, dass ihr danach tut, auf dass ihr im Lande SICHER WOHNEN könnt“, heißt es in 3. Mose 25,18 – und diese Ansage steht im Zusammenhang der Regeln für das Erlassjahr. Alle sieben Jahre soll sich das Land erholen, sollen die Schulden ausgelöst, der Schuldknecht freigelassen werden, Gerechtigkeit wieder hergestellt werden – auf dass sie alle sicher wohnen.

Denn immer dann, wenn Gerechtigkeit und Recht verletzt werden, ist auch die Sicherheit in Gefahr. Gerechtigkeit und Recht – das bedeutet: Jeder Mensch, jedes Kind, jede Frau, jeder Mann braucht die ihm oder ihr angemessenen Lebensbedingungen. 

Der Zuspruch und die Auseinandersetzung darum zieht sich durch alle biblischen Bücher, steht im Herzen unseres Glaubens. Krieg schien zu Zeiten der hebräischen Bibel ein Grundphänomen menschlicher Existenz zu sein. Dem widersetzt sich der Gott Israels. 

Gerechtigkeit und Friede, Schutz für Flüchtlinge, Barmherzigkeit für Witwen und Waisen, Schalom für das Land, Schalom für die Städte. Darum geht es!

Gerechtigkeit bedeutet in der hebräischen Bibel: Gott ergreift Partei, rückt die Verhältnisse zurecht für die, die kein Recht bekommen. 

Gerechtigkeit geschieht. Menschen erleben, dass der, auf den sie sehnsüchtig gewartet haben, der Messias, der Friede ist, dass Jesus ihre Bedürftigkeit spürt, dass er auf ihre Bedürfnisse antwortet, dass er ihre innere und äußere Not heilt. Sie werden satt, sie werden gesund, sie erleben neu Gemeinschaft mit Gott und miteinander. Sie werden neu an Seele und Leib. 

In Sicherheit wohnen – mit Leib und Seele – und Gerechtigkeit leben – mit Leib und Seele: Das gehört zusammen, das ist nicht zu trennen.

Sicherheit – 

ein Blick auf eine deutsche Perspektive

Heute soll es (auch) um die Bundeswehr gehen – und damit um unsere Sicherheit. Darum erinnere ich an das neue „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ aus dem Jahre 2016, das die sicherheitspolitischen Leitlinien für die kommenden Jahre formuliert. Ich lese einige Sätze aus der ersten Reaktion des Friedensbeauftragten der EKD und des Bischofs für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr:  „Das Weißbuch nennt menschliche Sicherheit und Entwicklung als prioritäre Ziele des politischen Handelns. Krisenfrüherkennung, Konfliktprävention und zivile Konflikttransformation sind vorrangige Instrumente dieser Politik. Seinem eigenen Orientierungsrahmen zuwider konzentriert sich das Weißbuch dann allerdings ganz auf den Beitrag der Bundeswehr. 

So entsteht der Eindruck, dass im Zweifelsfall die Bundeswehr das vorrangige Instrument deutscher Sicherheitspolitik sei, ohne dass zumindest symmetrisch die anderen, dem eigenen Anspruch nach ja eigentlich vorrangigen nichtmilitärischen Instrumente in gleicher Weise in den Blick genommen werden …

Nach den Prinzipien evangelischer Friedensethik ist der ‚Gerechte Friede‘ als Zusammenhang von Frieden und Recht, Gerechtigkeit und Sicherheit der entscheidende und orientierende Grundbegriff des sicherheitspolitischen Feldes. Auffällig ist, dass der Leitbegriff des Friedens im Weißbuch weitgehend fehlt. Stattdessen dominieren die Begriffe von ‚Bedrohung‘, ‚Sicherheit‘ und ‚Resilienz‘. Wir fragen, ob Sicherheitspolitik ohne die orientierende Kraft einer positiven Vision wie derjenigen des Gerechten Friedens überhaupt möglich ist. Frieden und Sicherheit müssen gesellschaftlich verankert sein, in Deutschland, in Europa und weltweit. Dazu bedarf es des Vertrauensaufbaus, des gewaltfreien Interessenausgleichs und einer Vision des Gerechten Friedens … 

Wenn die Bundeswehr in erster Linie als ‚Instrument deutscher Sicherheitspolitik‘ gesehen wird, geraten über diesem instrumentellen Verständnis allzu schnell die Perspektiven der Menschen aus dem Blick, die unter Gewalt leiden und unter Gewaltverhältnissen leben und handeln müssen. Der Einsatz militärischer Gewalt ist immer ein Zeichen des Versagens politischen Handelns. Im Weißbuch fehlt aber die deutliche Aussage, dass die Androhung und Ausübung militärischer Gewalt immer nur äußerste Möglichkeit sein kann. Es fehlen klare und orientierungsfähige Kriterien, wann und in welchen Fällen die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt als ultima ratio gerechtfertigt ist.“

Sicherheit – europäisch

Was bedeutet Sicherheit für Europa? Auch darum gibt es Streit. Denn Friedensmacht Europa, das heißt zunehmend: Militarisierung der Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Begründet wird diese Entwicklung mit den „überraschenden“ Flüchtlingsströmen aus Kriegs- bzw. Krisengebieten im Nahen Osten und einigen Regionen Afrikas, mit den verheerenden Terroranschlägen in verschiedenen europäischen Städten und den Irritationen an der Ostgrenze der EU.

Als Antwort hat Federica Mogherini, die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, am 28. Juni 2016 die neue Außen- und Sicherheitsstrategie der EU vorgestellt.  Darin plädiert sie für ein starkes Europa, das größere Verantwortung für seine Sicherheit übernimmt und das in der Lage ist abzuschrecken sowie dazu, auf Bedrohungen von außen wirkungsvoll zu antworten und uns gegen sie zu schützen.  Und im Juni 2017 veröffentlichte die Europäische Kommission folgende Pressemitteilung: „In ganz Europa machen sich die Menschen Sorgen über ihre Sicherheit und die ihrer Kinder. Wir müssen in diesem Bereich mehr tun und besser werden.“ 

Ein sicheres Europa – müsste das nicht ein Europa sein, das mit allen Kräften an den Ursachen von Konflikten und Flucht arbeitet, die eigene Verstrickung in die Ungerechtigkeit und Unsicherheit der Menschen in vielen Regionen der Erde erkennt, also unsere Bedürfnisse bzw. notwendigen Lebensbedingungen in Bezug setzt und ausbalanciert mit denen anderer Menschen, auf deren Kosten wir bisher leben. Aufgaben, für die es eine Fülle von Geisteskraft, Energie, Phantasie, Mut, von menschlichen und finanziellen Ressourcen braucht! 

Sicherheit – Verwundbarkeit

Aber noch einmal: Was bedeutet „sicher wohnen“? Ich zitiere aus einer Studie der norwegischen lutherischen Kirche: „Jeder Mensch lebt von seiner Umgebung, kulturell und natürlich. Es ist nicht möglich, die Verwundbarkeit zu vermeiden. Verwundbarkeit ist ein konstitutives Element des Menschseins. Die Verwundbarkeit und Schutzlosigkeit des Menschen sind die Vorbedingung für seine Fähigkeit zu Offenheit und Solidarität. Sie sind eine notwendige Voraussetzung für menschliche Sicherheit, der es nicht einfach darum geht, mich und das Meine zu verteidigen, oder uns und das Unsere. Die Anerkennung der Verwundbarkeit ... führt zur Anerkennung der Sicherheit des Anderen, des Fremden, als meine – unsere gemeinsame Verantwortung. Anerkennung unserer eigenen Verwundbarkeit kann einen Wunsch nach Kooperation statt nach Konflikt entstehen lassen. Dieses doppelte Verständnis von Verwundbarkeit ermöglicht ein grundsätzliches Überdenken dessen, was Sicherheit wirklich meint.“ 

In Jesus von Nazareth, der verwundbar blieb von seiner Geburt im Stall bis zur letzten Konsequenz, dem Tod am Kreuz, begegnet uns unsere eigene Verwundbarkeit und Ohnmacht – und die Hoffnung auf die Kraft der Gewaltfreiheit, die auch den Tod infrage stellt. Christus entäußerte sich – wurde verwundbar, verletzlich, ohnmächtig wie wir. Verwundbarkeit und Ohnmacht, Fremdheit und Komplexität, das sind beunruhigende und verunsichernde Aspekte menschlicher Existenz. 

Was bedeutet Gewaltfreiheit?

Funktioniert Gewaltlosigkeit? 

Ermöglicht sie Sicherheit? 

International bedeutet zivile Konfliktbearbeitung, gewaltfreie Intervention so zu entwickeln, dass sie eine Alternative zu militärischem Eingreifen darstellen kann. Wir haben keinen Anlass, die Begriffe „menschliche Sicherheit“ und „Schutzverantwortung“ den Befürwortern militärischer Interventionen zu überlassen, so Christine Schweitzer. 

Inspiriert von Gandhis Idee einer „Shanti Sena“, einer Friedensarmee, haben sich soziale Bewegungen schon seit Jahrzehnten in gewaltsame Konflikte in anderen Ländern eingemischt. Ihr Ziel: Krieg und Gewalt zu verhindern, zu Dialog und Versöhnung beizutragen oder zumindest Zivilbevölkerung, Flüchtlinge oder Menschenrechtsverteidiger durch ihre Präsenz vor Ort zu beschützen. 

Zivile Peacekeeperinnen und Peacekeeper haben keine Waffen zu ihrem Schutz. Viele Menschen finden es deshalb schwer zu verstehen, was diese in einem gewaltsamen Umfeld erreichen können, da sie gewöhnt sind zu denken, Gewalt sei die einzige Quelle von Sicherheit. Es ist wahr: Unbewaffnete Zivilistinnen und Zivilisten haben keine Mittel, etwas direkt zu erzwingen – sie können Angreifer nicht töten oder durch Schüsse stoppen. Aber sie können trotzdem erfolgreich Zivilbevölkerung oder Menschenrechtsaktivist*innen schützen. Unbewaffnete Peacekeeper haben ihre eigenen Quellen von Macht: den Aufbau von Vertrauen und Respekt, der ihnen als Internationalen entgegengebracht wird.  

Es gibt Friedensgemeinden in Kolumbien, Friedenszonen in Mindanao (Philippinen). In Ruanda schafften es Muslime während des Völkermordes nicht nur, sich selbst aus dem Konflikt herauszuhalten, sondern in vielen Fällen auch ihren Tutsi-Nachbarn das Leben zu retten! Die Jaghori in Afghanistan haben in der Zeit des Taliban-Vormarsches ihre Unabhängigkeit und eigene Lebensweise, zu der u. a. auch der Schulbesuch von Mädchen gehörte, erfolgreich verteidigt!

Die Friedensforschung sagt: 

Blutige Konflikte entstehen immer im Zusammenhang mit dem Zerbrechen von Gemeinschaften, aus sozialen, wirtschaftlichen, ethnischen, klimatischen, religiösen Gründen, und immer wieder geschürt durch Einfluss, Macht und Gewalt von außen (zum Beispiel wegen der Bodenschätze). Ein politischer Wechsel ist möglich, wenn 3,5 Prozent der Menschen sich aktiv am Widerstand beteiligen.

Gewaltfreie Aktionen sind effektiv und nachhaltig: 
weil viele Menschen beteiligt sind,
weil Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten beteiligt sein können,
weil Frauen und ältere Menschen beteiligt sein können,
weil es eine gemeinsame Vision geben kann.

Deshalb muss es vor allem darum gehen, dass Gemeinschaften gestärkt werden, ermächtigt werden, sich zu schulen, zu vernetzen.

Deshalb muss das Konzept heißen:

Aktive Gewaltfreiheit als Lebenshaltung in allen Bereichen lernen/lehren.
Einen nachhaltigen, gerechten Lebensstil entwickeln (und die Rahmenbedingungen dafür politisch einfordern), der nicht anfällig macht für Korruption etc.
Gruppen bilden, die sich aufeinander verlassen können, je nach Kontext interkulturell/interreligiös.
Frauen als gleichberechtigte Akteurinnen. 
Frühwarnsysteme entwickeln – gerade die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben dazu alle Möglichkeiten.
Menschen ermöglichen, Erfahrungen in unterschiedlichen Kontexten/Regionen/Kulturen/Regionen zu machen, um interkulturelle Achtsamkeit und Demut im Blick auf die eigene Weltsicht zu entwickeln.
 
Zum Abschluss gehe ich nochmal weit zurück. Dietrich Bonhoeffer sagte 1934 in einer Rede : 

„Wie wird Friede? Durch ein System von politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern? D. h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier überall Friede und Sicherheit verwechselt wird. 

Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg zur Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen gebiert wiederum Krieg. [...]

Wie wird Friede? Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? Dass alle Völker darüber froh werden müssen? Der einzelne Christ kann das nicht – er kann wohl, wo alle schweigen, die Stimme erheben und Zeugnis ablegen, aber die Mächte der Welt können wortlos über ihn hinwegschreiten. Die einzelne Kirche kann auch wohl zeugen und leiden – ach, wenn sie es doch täte –, aber auch sie wird erdrückt von der Gewalt des Hasses. Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt. [...]

Die Stunde eilt – die Welt starrt in Waffen und furchtbar schaut das Misstrauen aus allen Augen, die Kriegsfanfare kann morgen geblasen werden – worauf warten wir noch? Wollen wir selbst mitschuldig werden wie nie zuvor?“

Dieser Ruf ist heute hochaktuell!

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Predigtlied 
Komm in unsre stolze Welt, EG 428, 1-5

Abkündigungen

Lied 
Wir strecken uns nach dir, BhEG 40

Fürbitten
Wir wenden uns an dich, o Gott, du, der du uns alle 
unter deinen schützenden Flügeln versammeln willst.
Wir beten,
mache uns bereit, für den Frieden zu arbeiten.
Hilf uns, friedvolle und inklusive Gesellschaften aufzubauen.
Veranlasse die politisch Verantwortlichen dieser Welt, der Korruption, dem Machtmissbrauch,
dem Menschenhandel und der Folter ein Ende zu setzen.
Verwandle die Anführer von organisiertem Verbrechen.
Setze der Aufrüstung und dem Waffenhandel ein Ende.
Zeige uns, wie wir als Kirchen einen stetig wachsenden Frieden 
unter Menschen unterschiedlicher Gruppen fördern können. 
Wir preisen dich, der den Frieden bringt, den wir selbst nicht schaffen können.
Denn dein ist das Reich und die Herrlichkeit! 
(Lk 13,34) 
Übersetzung aus dem Schwedischen: 
Björn Cedersjö

Vaterunser

Segen
Gott segne uns und behüte uns. 
Gott lasse das Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Gott erhebe das Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.
Oder:
Gottes Segen komme zu uns Frauen und Männern, dass wir stark sind in unserer schöpferischen Kraft, dass wir mutig sind in unserem Recht.
Gottes Segen komme zu uns Frauen und Männern, dass wir nein sagen, wo es nötig ist; dass wir ja sagen, wo es gut ist.
Gottes Segen komme zu uns Frauen und Männern, dass wir schreien, wo Unrecht ist, dass wir schweigen, wo Entsetzen ist.
Gottes Segen komme zu uns Frauen und Männern, dass wir Weisheit suchen und finden, dass wir Klugheit zeigen und geben.
Gottes Segen komme zu uns Frauen und Männern, dass wir die Wirklichkeit verändern, dass wir das Lebendige fördern.
Dass wir Gottes Reich errichten auf Erden!

Quelle: Hanna Strack, Segen - Herberge in unwirtlicher Zeit, 
mit Scherenschnitten von Adelheid Strack-Richter,   Pinnow/Schwerin, 4. Auflage 1998

Musik


Autorin
Antje Heider-Rottwilm, OKRin i. R, Vorsitzende von Church and Peace e. V., www.church-and-peace.org.

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