Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen

Eine Denkschrift des Rates der EKD, 2007

4.1 Universale Institutionen stärken

4.1.1 Die Vereinten Nationen als Weltorganisation

  1. Gegründet nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges sind die Vereinten Nationen mit heute 192 Mitgliedsstaaten die wichtigste multilaterale Institution mit globaler Reichweite. Ihre Zuständigkeit umfasst neben der Friedenssicherung auch Menschenrechtsschutz, Entwicklung, Umweltschutz, wirtschaftliche, soziale sowie kulturelle Fragen. Manchmal wird den Vereinten Nationen ein Versagen als Gesamtorganisation angelastet, obwohl dies vor allem den ständigen Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats zuzurechnen ist, so etwa, wenn diese nicht bereit sind, ihrer Verantwortung für den Weltfrieden rechenschaftspflichtig nachzukommen – wie im Falle von Ruanda, Kosovo, Tschetschenien, Darfur und andernorts.
  2. Wesentlich für die Friedensarbeit der Vereinten Nationen ist die Gleichrangigkeit der Ziele der nachhaltigen Entwicklung und Armutsreduzierung, eines Zustands ohne Bedrohung und bewaffnete Konflikte sowie der Menschenrechtsverwirklichung. Die Vereinten Nationen als von den Beiträgen ihrer Mitglieder abhängige Organisation können eine effiziente Friedensarbeit aber nur dann leisten, wenn ihnen dies politisch ermöglicht wird und sie dafür angemessene Ressourcen erhalten. Das ordentliche Jahresbudget von lediglich ca. 1,9 Milliarden US-Dollar stellt beispielsweise nur einen winzigen Bruchteil der Ausgaben ihrer Mitgliedsstaaten für Verteidigung und Rüstung dar, die sich nach Angaben des schwedischen Instituts für Friedensforschung (SI-PRI) im Jahr 2007 auf mehr als eine Billion US-Dollar beliefen. Trotz des auch im Vergleich mit anderen internationalen Organisationen äußerst engen Finanzrahmens wurden die Aktivitäten der Vereinten Nationen kontinuierlich ausgeweitet. Die Vereinten Nationen »stärken«, heißt daher auch, ihnen diejenigen Ressourcen an die Hand geben, die sie zur Verwirklichung ihres umfassenden Mandats benötigen.
  3. Was den Abbau von Not angeht, so richten sich auf die Vereinten Nationen die Hoffnungen weiter Teile der Weltbevölkerung zur Schaffung einer friedlicheren und gerechteren Weltordnung. Ausdruck dieser Hoffnung sind die im September 2000 vom UN-Sondergipfel in New York angenommenen und auf dem Weltgipfel in New York 2005 bekräftigten UN-Millenniums-Entwicklungsziele [15], die eine Reihe fristgebundener Vorgaben enthalten, darunter die Verringerung der extremen Armut und des Hungers, der Kinder- und Müttersterblichkeit sowie die Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen Krankheiten. Um weitere humanitäre Katastrophen zu vermeiden, muss deutlich mehr für den Aufbau der im achten UN-Millenniumsentwicklungsziel vereinbarten »globalen Entwicklungspartnerschaft« zwischen Nord und Süd getan werden. Es ist Aufgabe der Geberländer, solidarisch für die finanzielle Absicherung des zwischen Nord und Süd vereinbarten Millenniumsprojekts zu sorgen, insbesondere die bereits vor Jahrzehnten versprochenen 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen sowie neue und alternative Finanzierungsinstrumentarien (z.B. Devisentransaktionssteuer; internationale Flugticketsteuer – wie seit 2006 in Frankreich gültig; Waffenexportsteuer; Besteuerung der Nutzung öffentlicher Güter u.Ä.) zu entwickeln. Die Regierungen der Empfängerländer müssen im Gegenzug für ordnungsgemäße Verwaltung, Korruptionsbekämpfung sowie eine größere Verteilungsgerechtigkeit in ihren Ländern, insbesondere im Hinblick auf Minderheiten, Slumbewohner und ländliche Bevölkerungen, sorgen. Erwägenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Ausgestaltung eines internationalen Insolvenzrechts für Staaten.

    Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen sollte in der Praxis aufgewertet und – auch in Hinblick auf die Umsetzung der vereinbarten Entwicklungsziele – rasch zum zentralen Forum für Entwicklungskooperation ausgebaut werden. Dies kann allerdings nur dann Erfolg haben, wenn wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie Armutsbekämpfung als universelle Querschnittsaufgaben zugleich stärker in der Arbeit von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und Welthandelsorganisation Berücksichtigung finden. Das Regelungsmandat der Vereinten Nationen ist umfassend. So gebietet die UN-Mitgliedschaft allen Regierungen der Welt, ihre Verpflichtungen aus der UN-Charta vorrangig zu erfüllen (Artikel 103). UN-Werte und Normen beanspruchen grundsätzlich Geltung, auch im Kontext der Tätigkeit von Währungs-, Finanz- und Handelsorganisationen, und es ist die Aufgabe der Regierungen, für friedenspolitische Stimmigkeit und Kohärenz zu sorgen.

  4. Was die Förderung von Freiheit anbetrifft, muss der Respektierung der Menschenrechte sowie der Herrschaft des Rechts Priorität eingeräumt werden. Um die Einhaltung der Menschenrechte weltweit zu verbessern und insbesondere im Bereich der Konfliktprävention und des Krisenmanagements angemessen tätig werden zu können, ist die vereinbarte Stärkung des Amtes des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, auch in finanzieller Hinsicht, ebenso ein dringlich erforderlicher Schritt wie die Wahrung der Unabhängigkeit dieses Amts. Der neu geschaffene Menschenrechtsrat wird erst dann wirkungsvoll tätig werden können, wenn die Mitglieder dieses Gremiums sich nicht nur glaubhaft um eine Verbesserung der Menschenrechtsbilanz anderer Staaten, sondern auch der eigenen bemühen und ein glaubwürdiges Bekenntnis zur universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte ablegen.
  5. Für die Anerkennung kultureller Verschiedenheit in ihrer friedensfördernden Bedeutung steht insbesondere die UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (UNESCO). Bereits in ihrer Empfehlung über Erziehung bezüglich der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1974 haben die UNESCO-Mitgliedstaaten ihren Willen bekundet, innerstaatliche politische Konzepte zu erstellen, um zu Zielen wie der Gestaltung eines gerechten Friedens, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutragen sowie »Vorurteile, verzerrte Wahrnehmungen, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten jeglicher Form« zu beseitigen. Diese Aufgabe ist angesichts der Zunahme von Mobilität und Migration sowie zahlreicher fremdenfeindlicher Übergriffe und rassistischer Straftaten, insbesondere auch in Deutschland, unvermindert aktuell. Gewalt in der Gesellschaft beginnt in den Köpfen der Menschen. Bildungspolitik muss daher zum Verständnis von Toleranz für ethnische, soziale, kulturelle und religiöse Gruppen und zwischen ihnen beitragen. Menschenrechte müssen in Erziehung und Bildung stärker verankert werden.
  6. Damit Menschen weltweit Schutz vor Gewalt genießen, ist eine Verbesserung der Friedenssicherungsmechanismen der Vereinten Nationen unerlässlich. Kriege konnten in den letzten Jahren auch deswegen verhindert werden, weil stille Diplomatie, Gute Dienste und Vermittlungsaktionen des UN-Generalsekretärs halfen, Gestaltungsräume für Verhandlungen sowie den Abschluss von Waffenstillstands- und Friedensabkommen zu schaffen. Noch mehr Menschenleben könnten gerettet werden, wenn das UN-Sekretariat zusätzliche Kapazitäten für präventive Tätigkeiten erhielte. Im Fall einer Friedensbedrohung oder eines Friedensbruchs kommt den UN die weltweite Autorität für die bindende Anordnung nichtmilitärischer Zwangsmaßnahmen (Finanzsanktionen, Flugverkehrs-, Waffen-, Reisesanktionen, Handelsembargos etc.) zu. Dieses Instrumentarium muss jedoch angesichts der Erfahrungen vergangener Jahre weiter verbessert werden; es sollte stets konditioniert sein, gezielt eingesetzt, wirksam durchgesetzt sowie auf geeignete Weise überwacht werden. Dazu ist auch eine konsequente Beachtung und Abmilderung möglicher negativer humanitärer Folgen für die Zivilbevölkerung der sanktionierten Staaten und ihrer Nachbarn erforderlich. Es ist insbesondere nicht hinnehmbar, dass wirtschaftliche Sanktionen der UN, wie im Fall des Oil for Food-Programms gegen den Irak, durch mangelnde Verantwortung des Sicherheitsrats zum Verlust von Menschenleben unter der Zivilbevölkerung führen.
  7. Seit Jahren wird die aus den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs hervorgegangene Zusammensetzung der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats kritisiert. Verschiedene Reformvorschläge liegen dazu vor. Über Fragen der Zusammensetzung des Gremiums hinaus ist allerdings von besonderer Bedeutung, wie sich eine rechtsstaatsanaloge Kontrolle dieses Gremiums gestalten lässt, um seinen Entscheidungen eine verbesserte Legitimationsbasis zu geben. Ein erster – noch unzulänglicher – Ansatz ist in der Praxis bereits gemacht worden: Vor der anstehenden Entscheidung über Sanktionen gegen den Irak wegen des Verdachts, Massenvernichtungswaffen zu produzieren, wurde eine unabhängige Kommission zur Tatsachenermittlung eingesetzt, d.h., analog rechtsstaatlicher Praxis wurde der Versuch gemacht, die Tatsachenermittlung von der Bewertung der Tatsachen und Sanktionsdurchführung zu trennen. Zudem sollte überprüft werden, ob beschuldigte Staaten oder Personen sich im Rahmen einer nachträglichen Kontrolle an eine unabhängige Instanz wenden können sollen. Wenn das jetzige Autorisierungsmonopol für die Anwendung von Gewalt zum Monopol legitimer, weil öffentlich kontrollierter Erzwingungsgewalt weiterentwickelt werden soll, bedarf es einer Reform des Sicherheitsrates dahingehend, dass das Abstimmungsverhalten bei substanziellen Entscheidungen vor der Weltöffentlichkeit begründungspflichtig wird. Daneben könnte an einen Verhaltenskodex gedacht werden, der Klarheit schafft, in welchen Fällen Ermessensentscheidungen der ständigen Sicherheitsratsmitglieder frei, d.h. unter Rückgriff auf das Veto getroffen werden können, und in welchen Fällen ein übergreifendes Interesse einen Verzicht auf das Veto gebietet (z.B. bei Verhinderung von Genozid). Parallel dazu könnten vermehrt Gutachten des Internationalen Gerichtshofs begleitend zur Tätigkeit bzw. Untätigkeit des Sicherheitsrates in Auftrag gegeben werden.
  8. Da die Vereinten Nationen für Friedensmissionen keine eigenen Truppen besitzen, sind sie von truppenstellenden Staaten abhängig. Die Zusagen, insbesondere der europäischen Staaten, im Rahmen des seit 1994 bestehenden »UN-Stand-by Arrangements System« (UNSAS), das auf Abruf Kräfte und Ressourcen für UN-Einsätze bereitstellt, sind allerdings unzureichend. Prinzipiell sinnvoll erscheint eine Stärkung der Regionalorganisationen vor Ort, um in Übereinstimmung mit Kapitel VIII der UN-Charta Friedenssicherung in regionaler Verantwortung durchführen zu können. Insbesondere auf dem Gebiet der Nachsorge von Gewaltkonflikten haben Regionalorganisationen eine wichtige Verantwortung, denn ein dauerhafter Friede und eine nachhaltige Entwicklung in der Region werden ohne ihre Mitwirkung nicht möglich sein. Da Afrika der Kontinent mit den meisten Konfliktherden ist, ist die grundsätzliche Bereitschaft der Afrikanischen Union (AU), zur Verhütung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu intervenieren, zu begrüßen. Allerdings zeigt beispielsweise die Tragödie in Darfur, dass die friedensstiftende Kraft der regionalen Akteure bislang äußerst begrenzt ist.
  9. Schätzungen zufolge flammt in etwa der Hälfte aller Länder, die Kriege beendet haben, innerhalb von fünf Jahren die Gewalt wieder auf. Daher wurde im Frühjahr 2006 eine UN-Kommission für Friedenskonsolidierung eingesetzt. Diese soll die Länder bei dem schwierigen Übergang vom bewaffneten Konflikt zum Frieden unterstützen und zur Schaffung von Rechtstaatlichkeit in Nachkriegsgesellschaften beitragen. Um die Herrschaft des Rechts und die Entwicklung eines rechtsbasierten ius post bellum voranzubringen, bei dem es vor allem auch um die Stärkung der Menschenrechte sowie die strafrechtliche Aufarbeitung von Gewaltverbrechen geht, bedarf die Kommission erheblicher materieller und personeller Ressourcen und starken politischen Willens. Von besonderer Bedeutung ist es, zivilgesellschaftliche Friedensinitiativen und Organisationen zu den Beratungen hinzuzuziehen und an Maßnahmen zur Friedenskonsolidierung zu beteiligen.

4.1.2 Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen und parlamentarischen Akteuren

  1. Um zu verhindern, dass die Globalisierung zahlreicher Politik- und Lebensbereiche auf internationaler Ebene zu Demokratie- und Legitimationsdefiziten führt, ist es notwendig, Akteure aus Wirtschaft, Gesellschaft und Parlamenten in die Tätigkeit internationaler Organisationen einzubeziehen. Grundsätzlich sollte im Rahmen von public-private partnerships aber nur mit denjenigen nichtstaatlichen Akteuren zusammen gearbeitet werden, die ihre Fähigkeit zu einer zuverlässigen und beständigen Kooperation auf der Basis geltenden Völkerrechts unter Beweis stellen. Bei der vom UN-Generalsekretär im Jahre 2000 eingerichteten Partnerschaft der Vereinten Nationen mit führenden Wirtschaftsunternehmen im Rahmen des Globalen Pakts (Global Compact) gilt es sicherzustellen, dass sich Unternehmen in glaubwürdiger Weise bemühen, den Verpflichtungen des Pakts (Menschenrechte, Umwelt- und Sozialstandards sowie Korruptionsbekämpfung) tatsächlich nachzukommen. Andernfalls stünde ein Missbrauch und damit Verlust des Ansehens der Vereinten Nationen zu befürchten. Das Bewusstsein des Privatsektors für die Relevanz universeller Normenerfüllung muss geschärft werden. Der 2003 von der UN-Unterkommission für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte verabschiedete Normenvorschlag für die Verantwortlichkeiten transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen in Hinblick auf die Menschenrechte ergänzt den auf Freiwilligkeit basierenden Globalen Pakt und richtet sich an diejenigen Zehntausende von Unternehmen, die sich bislang einer Zusammenarbeit mit dem Globalen Pakt verweigern. Dieser Normenvorschlag sollte weiterverfolgt werden. Dies ist auch zur Erhaltung der gemeinsamen Lebensgrundlagen unabdingbar.
  2. In den vergangenen drei Jahrzehnten kam es verstärkt zur Gründung von nationalen und internationalen »Nichtregierungsorganisationen« (NGOs) oder – nach neuem Selbstverständnis – zivilgesellschaftlichen Initiativen mit Menschenrechts- und Gemeinwohlzielen. Diese nahmen aktiv an den großen UN-Weltkonferenzen teil und entwickelten sich in den letzten Jahren im Bereich der Setzung und Durchsetzung von Normen zu wichtigen Konsultationspartnern internationaler Organisationen. Zahlreiche NGOs – darunter viele kirchliche Einrichtungen – streben nach Eingrenzung willkürlicher staatlicher Herrschaft, prangern regelmäßig Menschenrechtsverletzungen an, fordern Abhilfe und leisten Opferschutz. Um die Interessen der Zivilgesellschaft wirksam vertreten zu können, ist es nicht nur erforderlich, dass diese nichtstaatlichen Akteure über eine wirksame finanzielle Ausstattung verfügen, ohne sich dabei in Abhängigkeit zu begeben, sondern auch, dass sie gegenüber einer nationalen und internationalen Öffentlichkeit Rechenschaft ablegen, um ihre Tätigkeit zu legitimieren. Es hat sich bewährt, wenn sich NGOs in Koalitionen und Netzwerken zusammenschließen und gemeinsam ihr Expertenwissen im Rahmen von Konferenzen und zwischenstaatlichen Treffen zur Verfügung stellen. Die entstehende Solidarität vernetzter NGOs untereinander kann auch schwächere oder auch von ihrer Regierung unterdrückte NGO-Vertreter in ihrer Tätigkeit unterstützen und sie gegebenenfalls schützen. Wichtig ist die politische Unabhängigkeit der NGOs, was insbesondere für die NGOs des Südens vielfach ein Problem ist. Die Beteiligungsrechte von NGOs auf UN-Ebene sollten weiter ausgebaut und die Tätigkeit des NGO-Verbindungsbüros (UN-Nongovernmental Liaison Office), das sich um die Beteiligung von NGOs aus dem Süden Verdienste erworben hat, gesichert werden.
  3. Ein für die humanitäre Friedensarbeit zentraler, nichtstaatlicher Akteur ist die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, zu der neben den nationalen Gesellschaften und der Internationalen Föderation auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit Sitz in Genf zählt. Insbesondere letzteres gewährt den Opfern bewaffneter Konflikte Schutz und Hilfe in Situationen, in denen andere nichtstaatliche Organisationen aus Sicherheitsgründen vielfach schon das Land verlassen haben. Neben der Hilfeleistung an die Bevölkerung besetzter Gebiete, dem Besuch von Kriegsgefangenen, der Vermittlung von Informationen über vermisste Personen und der Einrichtung von Krankenhäusern setzt sich das IKRK bei den verfeindeten Regierungen beharrlich für die Respektierung der Genfer Abkommen und seiner Zusatzprotokolle ein. Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung zu unterstützen, bedeutet deshalb auch die Grundsätze der Menschlichkeit, Unparteilichkeit und Neutralität in bewaffneten Konflikten zu bejahen.
  4. Auch in dem Ausbau einer parlamentarischen Mitwirkung auf globaler Ebene kann ein wichtiger Beitrag zur Stärkung universaler Institutionen liegen. Die Vorschläge reichen von der Einrichtung globaler Ausschüsse, denen Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten angehören, bis hin zu einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen. Derartige Vorschläge sind grundsätzlich geeignet, die Repräsentativität des internationalen Systems zu verbessern und den Grundsatz der Gewaltenteilung auf globaler Ebene zu stärken. Angesichts vieler Tausend Akteure, die potenziell ein Kooperationsinteresse haben, muss jedoch zugleich auch die Arbeitsfähigkeit der Weltorganisation sichergestellt werden. Es gilt daher sorgfältig zu klären, wo es sinnvoll ist, eigene Beteiligungsrechte der nichtstaatlichen Akteure und parlamentarischer Gremien auf Weltebene zu etablieren.
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