Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen

Eine Denkschrift des Rates der EKD, 2007

4.4 Zivile Konfliktbearbeitung ausbauen

  1. Im Rahmen des Konzepts des gerechten Friedens ist zivile Konfliktbearbeitung eine vorrangige Aufgabe. In der Zeit der Hochrüstung während des Ost-West-Konflikts galt die friedensethische Aufmerksamkeit insbesondere Problemen der zwischenstaatlichen Beziehungen und Abrüstung und damit dem Schutz vor Furcht und Waffengewalt. Erst die Überwindung des Ost-West-Konflikts öffnete den Blick wieder für die Bedingungen inneren Friedens. In der EKD-Schrift »Schritte auf dem Weg des Friedens« von 1994 wurden unter dem Begriff der zivilen Konfliktbearbeitung verschiedene Aktivitäten beschrieben, denen sich vor allem auch christliche Initiativen und Friedensgruppen widmen, um friedensförderliche Strukturen innerhalb von Gemeinwesen zu ermöglichen. Unterstützt durch eine Reihe von Weltkonferenzen der Vereinten Nationen und sie begleitende zivilgesellschaftliche Foren zu globalen Problemen werden in der Gesellschaftswelt und in der Staatenwelt neue Konzeptionen entwickelt und Akzente gesetzt, die sich besonders der Qualität der sozialen Beziehungen innerhalb von Gemeinwesen widmen. Weltweit bilden sich Initiativen, Prozesse und Institutionen zur zivilen Konfliktbearbeitung heraus. In Deutschland wird dies exemplarisch deutlich am Beispiel des »Ökumenischen Dienstes im Konziliaren Prozess« (Schalomdiakonat), einer Mitgliedsorganisation der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF).

4.4.1 Aufgaben und Träger ziviler Konfliktbearbeitung

  1. Die Anerkennung von Konflikten als allgegenwärtigem Tatbestand in einer differenzierten und auf Vielfalt beruhenden dynamischen Gesellschaft ist in modernen Demokratien selbstverständlich geworden, ebenso eine breit verankerte verinnerlichte Haltung zur gewaltfreien Austragung von Konflikten. Im Innern von politisch stabilen, modernen Gemeinwesen gibt es in historischen Kämpfen entstandene institutionelle und emotionale Garantien für eine verlässliche Sicherung und Vorbeugung gegen Gewalt – im Privatbereich, im gesellschaftlichen Verkehr und in öffentlichen Angelegenheiten. Allerdings zeigen rassistisch und sexistisch motivierte Gewalttaten sowie terroristische Anschläge an, dass in allen Gesellschaften, besonders aber solchen, die sich mit raschem sozialen Wandel auseinandersetzen müssen, institutionalisierte und verinnerlichte Formen gewaltfreier Streitbeilegung unter veränderten Umständen immer erneuter Bekräftigung bedürfen. Konfliktregulierende Institutionen müssen ständig weiter entwickelt werden, um ihre zivilisierende Funktion erfüllen zu können. Das Bewusstsein für die politische Bedeutung eines gewaltfreien Umgangs mit unvermeidlichen Konflikten ist entsprechend in den letzten Jahren verbreitet und geschärft worden. Schlichtungsverfahren und Konfliktmediation finden in vielen gesellschaftlichen Bereichen (von der Ausbildung von Konfliktlotsen in der Schule bis zu Vorkehrungen konstruktiver Konfliktbearbeitung in Großorganisationen) zunehmendes Interesse. Die vielfältigen kirchlichen und nichtkirchlichen Aktionen zur Unterstützung und Befähigung jener Gesellschaftsmitglieder, deren Interessen in bestehenden Institutionen bisher nur schwach oder gar nicht vertreten werden, müssen gestärkt werden.
  2. Gewaltfreie Formen der Konfliktbearbeitung, wie wir sie im Innern von intakten Gemeinwesen kennen, existieren zwischen Staaten nur in beschränktem Maße. In der modernen Staatenwelt war es vor allem die Aufgabe außenpolitischer Funktionsträger und der Diplomatie, die Beziehungen zwischen den Staaten zu regeln. Mit dem Ausbau eines sich nach Politikfeldern ausdifferenzierenden Völkerrechts auf Grundlage der UN-Charta – vom Umweltschutz über Rechte bei der Arbeit bis zum Konzept »Menschliche Sicherheit« – ist nicht nur ein völkerrechtlich neues Konzept (eingeschränkter) staatlicher Souveränität (new sovereignty) zum Tragen gekommen, sondern die klassische Außenpolitik ist durch privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Einfluss auch vielfältig erweitert worden. Dabei stellt sich als neue Aufgabe, eine kohärente Position in den verschiedenen Außenbeziehungen Deutschlands und Europas auszubilden. Z.B. dürfen nicht von Wirtschafts- und Kulturbeziehungen, Sicherheitskooperation und Entwicklungszusammenarbeit miteinander unvereinbare Signale ausgehen.
  3. Auf internationaler Ebene wird heute bei ziviler Konfliktbearbeitung von verschiedenen »diplomatischen Pfaden« (multi-track diplomacy) gesprochen: Neben dem klassisch-diplomatischen ersten Pfad finden sich verschiedene nichtstaatliche Pfade von Kirchen und religiösen Organisationen, von Nichtregierungsorganisationen und politischen Stiftungen, aber auch von einzelnen Bürgern und Wirtschaftsakteuren. Diese Vielzahl der Pfade und Akteure verdeutlicht, dass die Einwirkung auf internationale Konfliktfelder mehrdimensional ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Friedenspotenzial der Religionen hinzuweisen [19]. Mit den Begriffen der zivilen bzw. konstruktiven Konfliktbearbeitung wird ausgedrückt, dass es nicht um Konfliktvermeidung an sich und auch nicht nur um Konfliktvorbeugung in einem frühen Stadium drohender Gewalteskalation geht (wie im Begriff conflict prevention nahegelegt), sondern um die Vermeidung eskalationsträchtiger politischer Konflikte und um die möglichst dauerhafte Vorbeugung gegen eine gewaltträchtige Austragung von Konflikten in jedweder Phase eines Konflikts, also auch um die Verhinderung eines Rückfalls in gewalttätige Formen der Auseinandersetzung.
  4. Wenn zivile Konfliktbearbeitung gelingen soll, muss allerdings die Konfliktphase berücksichtigt werden: Wenn Auseinandersetzungen eskalieren und bestehende Regeln der Konfliktbearbeitung sich als unzureichend erweisen oder außer Kraft gesetzt werden, kommt es vorrangig auf Verfahren an, die der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungsformen dienen. Im Fall schon eingesetzter Gewalt geht es um Deeskalation von Gewalt. Und nach einer formalen Beendigung gewalttätiger Formen von Auseinandersetzung muss eine dauerhafte Konsolidierung, also eine Verstetigung gewaltloser Konfliktbearbeitung durch Institutionen und verlässlich befolgte Regeln angestrebt werden, sowie die Entwicklung neuer Lebensperspektiven vor Ort durch Armutsbekämpfung und Aufbau einer Friedenswirtschaft. Von besonderer Bedeutung ist zivile Konfliktbearbeitung beim Beginn einer krisenhaften Entwicklung und in der Phase nach Beendigung kriegerischer Handlungen.
  5. Der Deutsche Bundestag hat mehrfach die Bedeutung ziviler Konfliktbearbeitung unterstrichen. Mit dem ressortübergreifenden Aktionsplan der Bundesregierung »Zivile Krisenprävention, Konfliktbeilegung und Friedenskonsolidierung« sollen seit 2004 der zivilen Konfliktbearbeitung mehr politisches Gewicht verschafft, neue Wege für interministerielle Abstimmungen eingeschlagen und zivilgesellschaftliche Kompetenzen besser beachtet werden. Diese Aufgabe ist äußerst dringlich.
  6. Die vielfältigen Erfahrungen der unterschiedlichen friedenspolitisch aktiven Akteure müssen zusammengetragen und ausgewertet werden. Sinnvollerweise haben sich die beiden Verbünde für Friedensdienst (die AGDF und das Forum ZFD) mit den anerkannten Trägerorganisationen für Entwicklungsdienst (darunter Evangelischer Entwicklungsdienst/Dienste in Übersee, EIRENE) zu einem »Konsortium Ziviler Friedensdienst« zusammengeschlossen, um ihre Erfahrungen in Krisenregionen untereinander auszutauschen. Als Beispiel für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren sind neben dem Aktionsplan »Zivile Krisenprävention, Konfliktbeilegung und Friedenskonsolidierung« die Konstitution der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitische Friedensarbeit (FriEnt) zu nennen. Weitere Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zur gemeinsamen Sicht auf Problemlagen in Krisenregionen sollten erprobt werden und folgenreich ausgewertet werden.
  7. Die Vielfalt der Aktivitäten, die es zu vernetzen gilt, erstreckt sich zum Beispiel auf:
    • Unterstützung und Aufbau von zivilen Strukturen in Konflikt- und Krisenregionen (z.B. Förderung von Nichtregierungsorganisationen, Beratung und Begleitung beim Aufbau von Institutionen)
    • Förderung und Aufbau demokratischer Strukturen und Rechtsorgane (z.B. Wahlbeobachtung, Monitoring von Polizei, Gerichtsverfahren und Gefängnissen, Beratung von Parteien und beim Aufbau oder der Reform von Rechts- und Sicherheitssystemen)
    • Verständigung über Werte und Maßstäbe für gesellschaftliches Zusammenleben (z.B. Unterstützung von Wahrheitsfindung und Versöhnung, interreligiöse Dialoge und Mediationsangebote)
    • Einflussnahme auf politische Prozesse der Meinungs- und Entscheidungsbildung (z.B. Monitoring bei Menschenrechtsverletzungen, Ermutigung lokaler Akteure für friedenspolitische Aktivitäten)
    • Maßnahmen zur Deeskalation gewaltförmiger Konflikte (z.B. Begleitung gefährdeter Personen, Dialoge mit Konfliktparteien), friedenspädagogische Bildungsarbeit (z.B. Qualifizierungsangebote, gemeinsame Projekte mit Konfliktparteien)
    • Netzwerkbildung und Förderung von Friedensallianzen (z.B. Unterstützung von Erfahrungsaustausch auch zwischen verschiedenen Konfliktregionen – wie etwa Nordirland und Kosovo – Politikberatung)
    • gezielte Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Beratung bei Berichterstattung, Ausbildung von Friedensberichterstattern)
    • bildungspolitische Maßnahmen (z.B. Mediation in Schulen, Veranstaltung von Malwettbewerben, wie in Mazedonien zum Thema »Wie ich mir den Frieden vorstelle«)
    • Demobilisierung und Reintegration von Exkombattanten (z.B. durch Beratung, Traumaverarbeitung, Kampagnen gegen Kleinwaffen und Antipersonenminen)
    • Förderung von Friedensforschung sowie Beachtung der soziokulturellen Aspekte des Geschlechterverhältnisses für Fragen von Gewalt und Frieden in den verschiedenen Handlungsfeldern.
    Im Sinne nachhaltiger Friedenspolitik kommt es darauf an, dass die Gesamtheit der Aktivitäten gefördert und offiziell politisch gestützt wird, einschließlich der Möglichkeit, aus Fehlern für die künftige Praxis zu lernen. Noch kann nicht davon die Rede sein, dass sich die politische Gesamtausrichtung von der Perspektive der zivilen Konfliktbearbeitung leiten lässt.

4.4.2 Anforderungen an zivile Konfliktbearbeitung von außen

  1. Erfolgreiche zivile Konfliktbearbeitung hat viele Voraussetzungen. Unabdingbar ist eine eingehende Kenntnis der konfliktiven Sachverhalte, der Streitparteien und der geltenden bzw. missachteten Regeln am Ort des Geschehens, ferner eine enge Zusammenarbeit mit den Kräften vor Ort, die sich selbst für ein Ende von Gewalt und für friedensfördernde Innovationen engagieren. So kann dem Tatbestand Rechnung getragen werden, dass dauerhafter Friede zuallererst eine interne Angelegenheit ist (ownership), die – auch bei aller gebotenen Umsicht – von außen bestenfalls befördert werden kann.
  2. Der zunächst mit der UN-Kommission für Friedenskonsolidierung verbundenen Idee der Prävention schlägt innerhalb der Staatenwelt nach wie vor Skepsis entgegen; sie scheint nicht den Souveränitätsansprüchen vieler Länder, besonders des Südens, zu genügen. Innerhalb der UN-Friedensstrategien, zu denen auch peace keeping (als Friedenssicherung durch Auseinanderhalten der bewaffneten Konfliktparteien) sowie peace making (als Beendigung von Kampfhandlungen) und peace enforcement (als militärische Sicherung des Friedens) gehören, soll mit der neuen organisatorischen Einheit insbesondere der Aufgabe des peace building, also der Friedenskonsolidierung, Nachdruck verliehen werden. Bedenkt man, dass gerade die nicht gelungene Konsolidierung ein wichtiger Grund für den Rückfall in gewaltsame Konfliktaustragung ist, kann in der Entwicklung rechtsbasierter Grundsätze und Maßnahmen in Nachkriegssituationen allerdings auch eine Präventionsaufgabe gesehen werden. Insbesondere die Zusammenarbeit der UN-Kommission für Friedenskonsolidierung mit gemeinwohlorientierten zivilgesellschaftlichen Akteuren, um die Bildung friedensfähiger Gesellschaften zu unterstützen, ist dringend geboten.
  3. Dabei hilft es, wenn die beteiligten Akteure ihren eigenen besonderen Beitrag im Kontext der politischen Rahmenbedingungen reflektieren: Zivilgesellschaftliche Organisationen, die vor allem von den Idealen sozialer Bewegungen sowie von Menschenrechten inspiriert sind, müssen beachten, dass politischer Erfolg – z.B. bei Kampagnen gegen Kleinwaffen oder gegen die Rekrutierung von Kindersoldaten – nur dauerhaft ist, wenn die in den Kampagnen angestrebten Ziele auch auf die Agenda der Regierungsorganisationen gesetzt werden. Und für Organisationen, die in erster Linie mit konkreten Hilfsangeboten vor Ort tätig sind, ist es wichtig, die Auswirkungen der eigenen Tätigkeiten auf die lokalen Machtverhältnisse selbstkritisch zu beachten. Unterschiede in der konkreten Ausrichtung der jeweiligen Tätigkeit sind unvermeidlich, bedürfen aber immer erneut der Verständigung. Gerade das Aufgabenbündel: Demobilisierung, Entwaffnung und Reintegration zeigt, wie wünschenswert und notwendig ein abgestimmtes Handeln zwischen den verschiedenen Akteuren ist, die von außen auf Konfliktsituationen einwirken.
  4. Wenn zivile und militärische Akteure unter dem Vorzeichen von UN-Friedensmissionen gleichzeitig an einem Ort tätig sind, kommt es entsprechend dem Grundsatz des Vorrangs der zivilen Mittel darauf an, alle Aktivitäten unter der Perspektive einer den Frieden dauerhaft befördernden Umgestaltung innerer Beziehungen von Gemeinwesen zu prüfen und vorausschauend aufeinander abzustimmen. Unter dieser Perspektive muss konkret und im Detail geklärt werden, wie die je besonderen Kompetenzen der verschiedenen Akteure zum Zuge kommen können, also beispielsweise die Fähigkeit, neue Verbindungen zwischen Menschen zu knüpfen, Bildungsprozesse anzustoßen und zivile Strukturen in Ökonomie und Verwaltung zu unterstützen oder aber das überlebenswichtige Know-how für den Schutz gegen bewaffnete Übergriffe.

4.4.3 Förderung von Lernprozessen

  1. Entscheidend sind Lernprozesse bei allen Beteiligten, damit – insbesondere in Krisengebieten und Notsituationen – nicht das Eigeninteresse externer Akteure (Hilfsorganisationen eingeschlossen) im Vordergrund steht, sondern die Prozesse des materiellen und sozialen Wiederaufbaus der von Gewalt und Not zerrissenen Gemeinwesen unterstützt werden. In den 1996 vorgelegten »Konzeptionellen Überlegungen zur Zukunft christlicher Friedensdienste« [20] war die Notwendigkeit steten Überdenkens eigener Praktiken und einer Haltung der Lernbereitschaft unterstrichen worden. Eine im Jahr 2005 vorgelegte Selbstauswertung von sechs Jahren Praxiserfahrung mit Zivilem Friedensdienst zeigt die Bemühungen um systematische Selbstreflexion. Selbstkritisch hervorgehoben werden mangelnde Verfahren zur Wirkungsabschätzung des eigenen Tuns. Als problematisch gilt zudem das Fehlen von Kontakten zu lokalen Kriegsallianzen, die den dauerhaften Erfolg von aufgebauten Friedensallianzen verhindern. Angesichts dieser kritischen Selbstreflexion muss allerdings auch auf die vergleichsweise immer noch äußerst geringen finanziellen Mittel verwiesen werden, die in Deutschland und anderenorts für zivile Konfliktbearbeitung zur Verfügung stehen. Die gebotenen Lernprozesse sollten bei der öffentlichen Finanzierung mitberücksichtigt werden. Allerdings bedarf es für die Vermeidung von schönfärberischen Projektbewertungen auch einer entsprechenden Führung und Förderung, die eine Benennung von (eigenen) Fehlern und Verbesserungsvorschlägen honoriert und nicht bestraft.
  2. Die Kooperationsmöglichkeiten zwischen staatlicher Politik und den gesellschaftlichen Trägern für zivile Konfliktbearbeitung werden noch längst nicht im Sinne einer ressortübergreifenden Querschnittsaufgabe genutzt. Auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene sind noch keine ausreichenden institutionellen Grundlagen geschaffen worden, um unvermeidbare Zielkonflikte – z.B. zwischen notwendigerweise interner Konfliktbearbeitung (ownership) und notwendiger Veränderung politischer Machtverhältnisse – auf friedensförderliche Weise zu bewältigen. Kompetente zivile Konfliktbearbeitung von außen erfordert, dass örtliche Gegebenheiten zu keinem Zeitpunkt aus dem Blick geraten, damit dort zivile Konfliktbearbeitung »internalisiert« werden kann: Zivile Konfliktbearbeitung bedeutet, auf Weitsicht und Langfristigkeit zu setzen. Von außen sind dafür möglichst widerspruchsfreie Signale in die Krisen- und Gewaltregionen hinein notwendig. Kontinuität und Verlässlichkeit sind gerade auch angesichts wechselnder Personen im Einsatz unabdingbar. Von besonderer Bedeutung ist es, dass auch alltägliche Strategien und Aktivitäten mächtiger internationaler Organisationen und privatwirtschaftlicher Akteure hinsichtlich ihrer faktisch friedenspolitisch relevanten Folgewirkungen auf die lokale zivilgesellschaftliche Ebene untersucht und bewertet werden: Deren Aktivitäten können hilfreich sein, aber auch zu Verwerfungen führen. Respekt und Konfliktsensibilität müssen für alle Politikfelder gelten, auch für alle Beziehungsfelder der Zivilgesellschaft und Handlungen religiös motivierter Gruppierungen. Die Kirche hat hier eine herausragende Verantwortung. Zivile Konfliktbearbeitung kann, so viel ist sicher, nur dann gelingen, wenn sie nicht in erster Linie als Reparaturaufgabe verstanden wird, sondern als vorrangiges politisches Handlungsprinzip und als Querschnittsaufgabe. Der Aktionsplan der Bundesregierung zur Krisenprävention formuliert diesen Anspruch; zu seiner Umsetzung bedarf es aber geeigneter neuer Kapazitäten.
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