Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen

Eine Denkschrift des Rates der EKD, 2007

4.3 Waffenpotenziale abbauen

  1. In der Zeit des Ost-West-Konflikts gab es eine lang anhaltende Prioritätendebatte darüber, was zuerst kommen müsse, Abrüstung oder eine Friedensordnung: Wer auf die vorrangige Aufgabe einer übergreifenden Friedensordnung setzte, argumentierte damit, dass das klassische Sicherheitsdilemma von Staaten nur in einem Rahmen kooperativer Beziehungen und gemeinsamer Sicherheit überwunden werden könne. Wer demgegenüber die Forderung nach sofortigen Schritten zur Abrüstung stellte, konnte darauf verweisen, dass die Weiterentwicklung von Rüstungstechnologien im Innern der Staaten eigenständige politisch-ökonomische Triebkräfte einer inneren Rüstungsdynamik in Kraft setzt, deren Produkte der jeweils anderen Seite bedrohlich erscheinen. Die Charta der Vereinten Nationen hatte auf die Frage der Vorrangigkeit allerdings schon 1945 eine Antwort gegeben: Der Sicherheitsrat wird in Artikel 26 »beauftragt […], Pläne auszuarbeiten, die den Mitgliedern der Vereinten Nationen zwecks Errichtung eines Systems der Rüstungsregelung vorzulegen sind«. In der Zeit des Ost-West-Konflikts sah sich der Sicherheitsrat nicht in der Lage, diesen Auftrag zu erfüllen. Große Abrüstungsschritte begannen Mitte der 1980er Jahre kurz vor dem Ende des Ost-West-Konflikts und in den 1990er Jahren. Dieser positive Trend ist etwa seit der Jahrhundertwende aus verschiedenen Gründen in mancher Hinsicht beendet worden: Offenbar trägt die Entwicklung neuer weltpolitischer Machtkonstellationen zu einem Trend erneuter Aufrüstung und wieder verstärktem Rüstungshandel bei. Zudem ist unter dem Vorzeichen des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus – ausgehend von der größten Militärmacht USA – eine neue Rüstungsdynamik in Gang gesetzt worden. In dieser Situation ist es dringlich, den UN-Sicherheitsrat an seine in Artikel 26 formulierte Aufgabe zur Formulierung von Plänen für die sog. »Rüstungsregelung« (ein Ausdruck für Rüstungskontrolle und Abrüstung in der Sprache der UN-Charta) zu erinnern. In Deutschland und Europa sollte den Aufgaben der Rüstungsregelung vorrangige Bedeutung zugemessen werden.

4.3.1 Rüstungsexporte

  1. Rüstungsexporte tragen zur Friedensgefährdung bei. In exportierenden Ländern stärken sie eigenständige wirtschaftliche Interessenlagen an Rüstungsproduktion. In den importierenden Ländern können Waffeneinfuhren Konflikte verschärfen. Daher hat die Bundesregierung »politische Grundsätze« für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aufgestellt, in die auch der EU-Verhaltenskodex für Rüstungsexporte integriert ist. Friede, Sicherheit und Entwicklung werden hier als Entscheidungskriterien benannt. Gemäß den vom Stockholmer Internationalen Institut für Friedensforschung (SIPRI) im Jahre 2006 vorgelegten Zahlen sind die Weltrüstungsausgaben seit 1998 um 34 Prozent gestiegen. Seit 2002 ist weltweit ein steigender Rüstungshandel festzustellen, wobei Russland und USA mit ca. 27 bzw. 26 Milliarden US-Dollar an der Spitze stehen, in deutlichem Abstand gefolgt von Frankreich, Deutschland und Großbritannien.
  2. Deutschland war in den ersten fünf Jahren des 21. Jahrhunderts im Weltmaßstab ein mittelgroßer Rüstungsexporteur. Insgesamt spielen Schiffslieferungen bei den deutschen Rüstungstransfers die zweitwichtigste Rolle nach dem Export von Landfahrzeugen und dazugehörigen Komponenten. Allerdings gewinnt auch die Lieferung von elektronischer Ausrüstung, Fertigungsanlagen mit entsprechender Software und Technologie sowie Gerätschaften zur militärischen Ausbildung mehr und mehr an Bedeutung. Die Mehrzahl der deutschen Rüstungsexporte sind für Industriestaaten bestimmt. Aber immerhin ein Drittel geht in Staaten, die offizielle Entwicklungshilfe beziehen. Auch der Wert der genehmigten deutschen Rüstungsexporte in sog. »klassische« Entwicklungsländer hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Der zehnte Rüstungsexportbericht, mit dem die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) das Rüstungsexportgeschehen regelmäßig beobachtet und kommentiert, beklagt zudem eine Abkehr vom Grundsatz, deutsche Waffen nicht in Spannungsgebiete zu liefern, und stellt Rüstungsexporte in den Nahen und Mittleren Osten ebenso wie nach Südasien, Südostasien und in den Fernen Osten fest. [18] Die Problematik ambivalenter Verwendungsmöglichkeiten (dual use) nimmt nicht nur bei den modernen wissenschaftsbasierten Schlüsseltechnologien wie Elektronik, Biotechnik, Nanotechnik zu, sondern gilt auch für Kleinwaffen.
  3. Die große Gefahr, die mit Rüstungsexporten einhergeht, hat seit je Kirchen und christliche Gruppen dazu bewogen, sich für ihre Beendigung einzusetzen. Konzepte für Rüstungskonversion waren dabei hilfreich. Ohne verbindliche internationale Übereinkommen lässt sich allerdings die neue Dynamik von Rüstungsproduktion und Rüstungsexport nicht aufhalten. Das zeigt sich auch daran, dass der EU-Verhaltenskodex nicht zur Eindämmung der europäischen Rüstungsexporte geführt hat. Mit der GKKE ist eindringlich davor zu warnen, sich bei rüstungsexportpolitischen Entscheidungen von wirtschaftlichen Interessen an der Auslastung von Kapazitäten leiten zu lassen.

4.3.2 Abrüstung und Rüstungskontrolle

  1. Zwar gibt es heute ein dicht geflochtenes Netz international gültiger Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge, doch ist eine partielle Aushöhlung der Rüstungskontrolle unübersehbar: Bei dem im Chemiewaffenabkommen festgelegten Zeitplan für die Vernichtung chemischer Waffen sind die Chemiewaffenstaaten im Rückstand. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) hat lediglich die Vernichtung von 9.600 Tonnen des deklarierten Bestands von insgesamt 70.000 Tonnen Kampfstoffen verifiziert. Das im Übereinkommen festgelegte Ziel, die chemischen Kampfstoffe bis 2012 vollständig zu vernichten, kann ohne erneuerten politischen Willen nicht erreicht werden. Das Biowaffenübereinkommen wird durch die amerikanische Blockade eines Verifizierungsprotokolls in seiner Bedeutung weitgehend entwertet. Besonders dramatisch zeigen sich die Aushöhlungstendenzen im Falle des nuklearen Nichtweiterverbreitungsvertrags von 1970. Der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen, der 1995 unbefristet verlängert wurde, ist in Gefahr, seine Wirksamkeit zu verlieren. Die Überprüfungskonferenz im Jahr 2005 hat das Debakel des Nichtweiterverbreitungsregelwerks schonungslos offenbart. Dazu trägt auch der Mangel an einem Kernwaffenstaaten und Nichtkernwaffenstaaten einschließenden Vertrag über die Produktionseinstellung von militärisch nutzbarem Spaltmaterial bei.
  2. Die Rüstungsdynamik in Zeiten des Kalten Kriegs hatte zu einem Bestand von etwa 50.000 nuklearen Sprengköpfen geführt. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde die Zahl nuklearer Sprengköpfe und Einsatzsysteme in Ost und West, insbesondere in Europa, drastisch verringert. Die Tauglichkeit der Strategie der nuklearen Abschreckung ist jedoch in der Gegenwart überhaupt fraglich geworden (siehe oben, Kapitel 3.3.1). Aus der Sicht evangelischer Friedensethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet werden. Mit dieser Aussage wird – in einer veränderten historischen Situation – bewusst eine friedensethische Position vertreten, die von These VIII der Heidelberger Thesen von 1959 abweicht (siehe oben, Ziffer 109, Anm. 14). Es bleibt allerdings umstritten, welche politischen und strategischen Folgerungen aus dieser gemeinsam getragenen friedensethischen Einsicht zu ziehen sind:
  3. Gemäß einer Argumentationslinie ist Drohung als notwendiger Bestandteil von Abschreckung eine Folge der Wahrnehmung bereitgehaltener Waffenpotenziale und führt in einen Teufelskreis wechselseitiger Bedrohungswahrnehmungen. Um der Glaubwürdigkeit des Abschreckungsprinzips willen ließ sich die politische Funktion von Nuklearwaffen noch nie von operativen Planungen trennen, die – wenn die Abschreckung versagt – auch nukleare Kriegführung vorsehen. Nach aller Erfahrung ist Abschreckung notwendigerweise mit weiterer nuklearer Umrüstung, Aufrüstung und Waffenmodernisierung verbunden, wozu auch neue Raketenabwehrtechnologien gehören. Die sich aus dem NPT ergebenden Abrüstungsverpflichtungen werden auch dann untergraben, wenn die Modernisierung auf der Basis verringerter Waffenpotenziale erfolgt. Wenn es die traditionellen Nuklearmächte an Ernsthaftigkeit bei der Befolgung ihrer Abrüstungsverpflichtungen fehlen lassen, ist das NPT-Regelwerk insgesamt gefährdet. Denn die Anwendung von Doppelstandards kann bei davon betroffenen Regierungen und Bevölkerungen zu gefährlichen »Trotzreaktionen« führen und Bestrebungen zum Erwerb von Atomwaffen noch verstärken. Friedensethisch geboten ist daher nach dieser Argumentationslinie die vollständige nukleare Abrüstung. Konkrete Schritte dazu sind ein nuklearer Teststopp, die Beendigung der Produktion von spaltbarem Material für Waffenzwecke, die Einrichtung kernwaffenfreier Zonen und die vollständige Beseitigung der noch aus Zeiten des Ost-West-Konflikts stammenden nichtstrategischen Kernwaffen.
  4. Eine andere Argumentationslinie betont, man müsse sich, auch ohne jemandem explizit zu drohen, mit potenziellen Bedrohungen – nicht zuletzt durch die wachsende Zahl von atomar gerüsteten Staaten und die Gefahr, dass auch Terrorgruppen mit Massenvernichtungswaffen ausgestattet werden könnten – auseinandersetzen. Insofern bleibt die Abschreckung gültiges Prinzip. Ihr dienen konventionelle und nukleare Waffen, wobei nukleare Waffen als politische und nicht als Kriegführungswaffen angesehen werden. Das Vorhandensein eines solchen Potenzials soll einen möglichen Gegner davon abhalten, andere anzugreifen, zu erpressen oder unter Druck zu setzen. Diese »Abhaltung« geschieht dadurch, dass der Angreifer für den Fall des Einsatzes nuklearer Waffen mit inakzeptablem, unkalkulierbarem Schaden rechnen müsste. Dabei muss das Risiko eines Versagens der Abschreckung verantwortlich mitgedacht werden. Aber das Dilemma wäre nicht geringer, wenn man einseitig darauf verzichtete, der Bewaffnung einer zunehmenden Zahl von Atommächten Entsprechendes entgegenzusetzen. Machthabern, die hauptsächlich an Überleben und Machterhalt interessiert sind, kann nicht von vornherein Irrationalität unterstellt werden. Auch die Befürworter dieser Argumentationslinie verweigern sich nicht dem ethischen Postulat nach nuklearer Abrüstung. Aber sie sind der Überzeugung, dass selbst eine völlig nuklearwaffenfreie Welt keineswegs stabil wäre, weil Atomwaffen nicht »wegerfunden« werden können. Es ist in dieser Sichtweise schwer vorstellbar, wie im Falle von Spannungen das Ausbrechen eines erneuten, äußerst destabilisierenden, nuklearen Rüstungswettlaufs um die wiederum »erste Atombombe« verhindert werden könnte.
  5. Die meisten Menschen, die durch Waffengewalt sterben, kommen durch sog. Kleinwaffen und leichte Waffen um. Zu diesen zählen u.a. Revolver, Maschinenpistolen, schultergestützte Boden-Luft-Raketen und Handgranaten. Dem in Oxford erscheinenden Small Arms Survey von 2005 zufolge sind etwa 639 Millionen solcher Kleinwaffen im Umlauf. Ihr hoher Verbreitungsgrad hat verschiedene Ursachen. Sie reichen von der angebotsorientierten Lobbypolitik einschlägiger Verbände über die Selbstbewaffnungsoptionen von Bürgern, deren Regierungen unzureichend oder gar nicht für innere Sicherheit sorgen, die Situation fragiler Staaten bis zum Missbrauch von Kindern in Gewaltkonflikten. Nachdem der Versuch eines UN-Aktionsprogramms, die Kontrolle von Produktion und Handel von Kleinwaffen verbindlicher zu machen, missglückte, gibt es eine neue Initiative für ein Waffenhandelsabkommen (Arms Trade Treaty), ebenso wie Initiativen der EU. Die Bundesregierung unterstützt diese, gleichzeitig hat sich jedoch nach Angaben des GKKE Rüstungsexportberichts 2006 der Wert deutscher Ausfuhrgenehmigungen für Kleinwaffen militärischer Zwecke zwischen 1996 und 2005 versiebenfacht. Auch von der Anhäufung und Verbreitung kleiner und leichter Waffen gehen nicht zu unterschätzende Bedrohungen für Frieden, Stabilität und nachhaltige Entwicklung aus. Die Verbreitung dieser Waffenkategorie weltweit ernsthaft und verbindlich zu bekämpfen, ist deshalb ein friedenspolitisches Ziel, das auch christliche Initiativen unterstützen.
  6. Die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Initiativen und christlichen Engagements zeigt sich auch hinsichtlich der Antipersonenminen und der Streumunition, deren Schrecken im Sommer 2006 im Libanon erneut deutlich wurden. Das 1997 in Ottawa geschlossene Abkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung ergänzt durch das Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßiges Leid verursachen oder unterschiedslos wirken können, hat gewisse Verbesserungen erreicht. Dem Übereinkommen gehören 144 Vertragsstaaten an. Die Weitergabe von Minen wurde nahezu zum Stillstand gebracht, Bestände von 31 Millionen Minen wurden vernichtet, große Landflächen schon von Minen geräumt. Doch führen auch hier nicht alle Vertragsstaaten das Abkommen vollständig durch, und bei den Nichtvertragsstaaten lagern riesige Minenbestände. Das Aktionsbündnis von Hunderten von Nichtregierungsorganisationen, in Deutschland darunter Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, Deutsche Welthungerhilfe, Deutscher Caritasverband, Diakonie, Katastrophenhilfe, EIRENE International (Mitglied in der AGDF), Justitia et Pax versucht gegenwärtig, den bisherigen Teilerfolg im Bereich der Antipersonenminen auch auf die Problematik von Streumunition auszudehnen. Diese Bemühungen sind mit Nachdruck zu unterstützen.

4.3.3 Privatisierung staatlicher Sicherheitsaufgaben, Söldnertum und Paramilitärs

  1. Eine Politik, die eine Stärkung der internationalen Friedensordnung als Rechtsordnung anstrebt, muss sich auch mit Tendenzen zur Erosion des staatlichen Gewaltmonopols durch Privatisierung von Sicherheitsaufgaben auseinandersetzen. Diese Tendenz findet sich in vielfältigen Versuchen verschiedener westlicher Staaten, zuvor als Staatsaufgaben betrachtete Politikbereiche in private Hände und Marktökonomie zu überführen (outsourcing). Die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland sind auch unter diesem Gesichtspunkt in Teilbereichen – mit ökonomisch unterschiedlichen Ergebnissen – reformiert worden. Friedenspolitisch besonders problematisch ist es, wenn militärbezogene Dienstleistungsunternehmen Aufträge im Rahmen von Kriegsoperationen bekommen. Weltweit publik geworden ist diese Praxis insbesondere durch Häftlingsmisshandlungen in Militärgefängnissen im Irak, an denen Angehörige privater Militärfirmen der USA beteiligt waren. In anderen Fällen hat der Einsatz privater Militäranbieter internationale Regelungen auf UN-Ebene unterlaufen, insofern das Lieferverbot von Waffen umgangen wurde, wie beispielsweise in Sierra Leone und in Bosnien.
  2. Befürworter privater Sicherheits- und Militärunternehmen heben deren Effizienz hervor und einen möglichen positiven Beitrag auch im Rahmen von Friedensmissionen. Aus friedensethischer Perspektive reicht es jedoch nicht, auf momentane Erfolge bei der Stabilisierung in einem Land zu verweisen. Die internationale Gemeinschaft bzw. westliche Staaten machen sich unglaubwürdig und untergraben jede ernst zu nehmende Friedensstrategie, wenn privates Militär- oder Verhörpersonal außerhalb militärischer, bzw. polizeilicher Befehlsstrukturen eingesetzt wird und nicht zur Verantwortung gezogen wird. Dies ist analog dem Verhalten von Regierungen in Dritte-Welt-Ländern zu bewerten, die sich mit Privatarmeen umgeben, Paramilitärs bei der Bekämpfung von Aufständischen einsetzen und so selbst zur Auflösung eines legitimen staatlichen Gewaltmonopols beitragen. Im Einsatz von Zwangsmitteln im politischen Auftrag, aber ohne rechtsstaatliche Kontrolle ist die Gefahr angelegt, das Fundament für verantwortliches staatliches Handeln und zwischenstaatliche Übereinkommen zu zerstören. Das demokratische Prinzip parlamentarischer Kontrolle und Rechenschaftspflichtigkeit verlangt, dass entsprechenden Entwicklungen Einhalt geboten werden wird. Daher sollten, wie die GKKE fordert, Verträge deutscher Sicherheitsfirmen zur Ausbildung, Vermittlung und Entsendung bewaffneten Personals analog allgemeinen Rüstungsexportbestimmungen kontrolliert werden.
  3. Die hohe Bedeutung, die der Entwaffnung und Demobilisierung, vor allem aber der Reintegration ehemaliger Soldaten und bewaffneter Kämpfer für den Aufbau von sozialen und wirtschaftlichen Friedensstrukturen zukommt, ist in Deutschland aus leidvoller Erfahrung bekannt. Diesbezügliche Initiativen in von Gewalt zerrissenen Ländern – wie z.B. Kolumbien oder Liberia – brauchen besondere Kompetenz. Es gilt zu sichern, dass der von internationalen Institutionen unterstützte Aufkauf von Waffen tatsächlich so beschaffen ist, dass die Waffen aus dem Verkehr gezogen werden, wodurch ein legitimes staatliches Gewaltmonopol gestärkt werden kann. Frühere Kombattanten, insbesondere Kinder und Jugendliche, bedürfen der Unterstützung, um erlittene Traumata überwinden und neue zivile Selbstbilder entwickeln zu können. Kinder als Soldaten zu halten und zu Kampfeinsätzen zu zwingen, muss als eines der schwersten Verbrechen geächtet und von nationalen und internationalen Strafgerichten verfolgt werden. Kirchen haben hier im Rahmen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs die Aufgabe, Wege zur Überwindung solcher Praktiken zu finden. Dazu gehört, das spirituelle Fundament für die Heilung verwundeter Seelen bei Tätern und Opfern zu legen und die Anbahnung neuer sozialer Beziehungen zu bewirken. Junge Männer, die ihr männliches Selbstwertgefühl aus Waffenbesitz gezogen haben und auch ihre Wirtschaftsexistenz darauf aufbauten, brauchen Perspektiven für ein ziviles, würdevolles Leben.

EKD-Friedensdenkschrift (pdf)

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